Die Herausforderung der Satellitenelektronik

Ist Raketentechnologie wirklich so komplex? Das Sprichwort „It's not rocket science” (zu deutsch: das ist keine Zauberei) lässt dies vermuten. Und – Achtung: Es ist tatsächlich wahr – sogar für Luft- und Raumfahrtingenieure. Raketenwissenschaft, der Aufenthalt im Weltraum und der Bau von Satelliten sind in der Tat sehr komplex. Dieser Artikel geht näher darauf ein, warum der Weltraum ein extrem anspruchsvoller Ort für elektronische Systeme ist. Wir schauen uns an, wie wir einige der größten Herausforderungen bei der Reise ins All und dem Aufenthalt im Weltraum gemeistert haben, und beschäftigen uns mit einer Auswahl aus unseren besten und bewährten weltraumtauglichen Komponenten.

Der Weg ins All

Für einige Komponenten ist der schwierigste Teil des Weltraums tatsächlich der Weg dorthin. Der Mensch hat fantastische Arbeit geleistet, um Reisegeschwindigkeit und Komfort hier auf der Erde zu optimieren; es gibt z. B. die Rolls Royce Federung und luxuriöse Privatjetsitze. Doch in der Raumfahrt hat in Sachen Komfort noch kein großes Umdenken stattgefunden. Letztendlich sind die größte Herausforderungen bei der Reise ins All die Vibration und die Beschleunigung, die beim Start einer Rakete entstehen. Mit der aktuellen Raketentechnologie werden viele Komponenten bei bis zu 14 Grms getestet, während sie hier auf der Erde sind. Damit soll sichergestellt werden, dass sie den erstaunlichen Kräften, Bewegungen, Vibrationen und Geräuschen standhalten, die beim Start einer Rakete auftreten. Da derzeit alle Satelliten via Raketenstart in den Weltraum gelangen, müssen die Satelliten selbst so konstruiert sein, dass sie den gleichen extremen Kräften standhalten wie die Rakete. Im Grunde genommen ist die Satellitenwissenschaft genauso anspruchsvoll wie die Raketenwissenschaft (wenn nicht sogar noch anspruchsvoller).

Viele Bauteile, wie z. B. Halbleiter, zeigen unter extremen Vibrationen und Beschleunigungen eine überraschend gute Leistung. Bei der Befestigung dieser Komponenten ist jedoch besondere Vorsicht geboten. Ihre Verbindungspunkte können durch starke Vibrationen zu Schwachstellen werden. Andererseits sind elektromechanische Komponenten besonders störanfällig während des Starts und weniger störanfällig, sobald sie im Weltraum sind. In diesem Fall müssen bei der Auswahl von Steckverbindern für die Luft- und Raumfahrt besondere Überlegungen angestellt werden. Sie müssen weitaus anspruchsvolleren Bedingungen standhalten als die meisten Steckverbinder auf der Erde. Ein fantastisches Beispiel für hochmoderne Steckverbinder für die Luft- und Raumfahrt ist die MIL-DTL-38999 Serie III von Amphenol Aerospace , welche starken Hochtemperaturschwingungen bis zu 200 Grad Celsius standhalten kann. Darüber hinaus verfügt sie über viele weitere Eigenschaften, die sie weltraumtauglich machen. Glücklicherweise sind Vibrationen keine dauerhaften Faktoren, über die sich Ingenieure bei der Konstruktion Gedanken machen müssen – die Beschleunigung auf Orbitalgeschwindigkeit kann in wenigen Minuten erreicht werden.

Eine weitere Überlegung für die Konstruktion, die bei Reisen in den Weltraum eine Rolle spielt, ist die Temperaturwechselbeständigkeit einer Komponente. Die Reise von der sonnigen, feuchten Küste Floridas, wo viele US-Raketenstarts stattfinden, in den Weltraum mit eisigen -100 Grad Celsius kann für hoch wärmeleitende Materialien eine besondere Herausforderung darstellen. Das liegt daran, dass sich die Temperatur bei diesen Starts schnell ändert und verheerende Spannungen im Material entstehen können.

Die Umgebung im Weltraum

Ist ein Satellit jedoch erst einmal im Weltraum, müssen ganz andere Konstruktionsaspekte für die Umgebung, in der er verbleibt, berücksichtigt werden. Ähnlich wie sich das Ökosystem Islands vom Ökosystem Französisch-Polynesiens unterscheidet, variiert auch die Weltraumumgebung je nach Entfernung zur Erde stark. Je nachdem, wo ein elektronisches System im Weltraum eingesetzt wird, müssen sehr unterschiedliche Faktoren berücksichtigt werden, damit es den Herausforderungen der jeweiligen Umgebung standhält.

Druck im Weltraum

Der Weltraum ist ein Vakuum. Dort gibt es relativ keinen Druck im Vergleich zum atmosphärischen Druck auf der Erde. Da alle Bauteile eines Satelliten auf der Erde hergestellt werden, nimmt dieser von Natur aus den atmosphärischen Druck an, der während der Herstellung auftritt. Wenn diese Komponenten jedoch in einem Vakuum platziert werden, können sie sich ganz anders verhalten als bei atmosphärischem Druck. Um sicherzustellen, dass die Komponenten den Bedingungen im Weltraum standhalten, muss jede einzelne in einer Thermal-Vakuum-Kammer (TVAC) getestet werden, die die Temperatur und die drucklosen Bedingungen des Weltraums simuliert. Wenn zum Beispiel aufgrund eines Herstellungsfehlers das isolierende Vergussgummi eines Steckverbinders eine kleine Luftblase in sich eingekapselt hat, kann diese Luftblase unter Vakuumbedingungen zu einer katastrophalen Explosion führen.

Zusätzlich entgasen alle Materialien unter Vakuum, wobei sie relativ große Mengen an gasförmigen Stoffen freisetzen, die benachbarte Komponenten erheblich beeinträchtigen können. Ausgasende Materialien können z. B. als Beschichtung für thermische oder solare Arrays dienen. Dies kann sich negativ auf die Effizienz auswirken, Sensoren oder Optiken können beschlagen und wesentliche thermische Eigenschaften angrenzender Materialien können beeinträchtigt werden. Um die Menge der im Weltraum freigesetzten Ausgasung zu reduzieren, werden Satellitenmaterialien und elektrische Komponenten oft in TVAC-Kammern entgast, bevor sie ins All geschickt werden.

UV-Abbau

Die meisten Satelliten im niedrigen Erdorbit, einschließlich jenen der Internationalen Raumstation, befinden sich in der Thermosphäre. In diesen Bereichen kann die UV-Degradation die Materialeigenschaften von elektronischen Bauteilen negativ beeinflussen. UV-Degradation kann sogar die molekulare Zusammensetzung von Materialien verändern, insbesondere durch Entfernen von Sauerstoffatomen aus sauerstoffhaltigen Materialien. Dies kann dazu führen, dass die Subsysteme zur Wärmeregulierung nicht richtig funktionieren, dass die Optik beeinträchtigt wird und dass die Effizienz von Solaranlagen sinkt. Satelliten, die in einer niedrigen Erdumlaufbahn platziert werden sollen, müssen über eine spezielle UV-Abschirmung für ihre Elektroniksysteme verfügen. Damit soll sichergestellt werden, dass keine UV-Degradation auftritt und die Komponenten inoperabel macht.

Anwesenheit von Partikeln

Die Thermosphäre befindet sich etwa 85 km bis 500 km über der Erdoberfläche, aber die gesamte neutrale Umgebung beträgt 100 km bis 1000 km und umfasst sowohl die Thermosphäre als auch die Exosphäre. In dieser Umgebung gibt es jede Menge Sauerstoff-, Stickstoff- und Heliummoleküle. Die UV-Energie von der Sonne, die den UV-Zerfall von Satellitenmaterialien verursacht, verursacht auch den molekularen Zerfall von Sauerstoff, Stickstoff und Helium, wodurch sie jeweils als Atome vorliegen. Atomarer Sauerstoff kann Raumfahrzeuge oxidieren, was zu einer Erosion der Materialien führen kann. Daher müssen bei der Auswahl der Komponenten besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, je nachdem, wie sie der Weltraumumgebung ausgesetzt sind.

Anwesenheit von Ionen

In zwei bestimmten Bereichen des erdnahen Weltraums, den sogenannten Van-Allen-Strahlungsgürteln, sind Elektronen und Ionen in bestimmten Bändern des Erdmagnetfeldes eingeschlossen. Diese Gürtel existieren in 500 km bis 6000 km und 13000 km bis 60000 km Entfernung von der Erdoberfläche. Diese Bedingungen schaffen eine Plasma-Umgebung, die durch die Wechselwirkung von solargeladenen Teilchen mit Atomen entsteht und Ionen und freie Elektronen erzeugt. Diese im Erdmagnetfeld gefangenen geladenen Teilchen können auf Satelliten landen und einen Ladungsaufbau erzeugen, der der statischen Energie ähnelt (als würden Füße auf einem Teppich gerieben werden). Wenn diese Ladung in isolierten Bereichen des Satelliten auftritt, kann sich ein elektrisches Gefälle entwickeln, und die aufgestaute Energie kann schließlich einen Lichtbogen erzeugen. Viele elektronische Komponenten sind extrem empfindlich gegenüber Lichtbögen, sodass besondere Vorkehrungen bei der Auslegung elektronischer Systeme getroffen werden müssen, um katastrophale Lichtbogenereignisse zu verhindern.

Strahlungsumgebung

Auf der Erde wird die Sonnenstrahlung im Allgemeinen von den Teilchen in unserer Atmosphäre absorbiert, und bestimmte Schichten unserer Atmosphäre absorbieren bestimmte Strahlungsbänder. Bestimmte Satellitenumlaufbahnen sind jedoch anfällig für sehr hohe Strahlungsumgebungen. Dadurch können unerwünschte Bedingungen entstehen, bei denen ein einzelnes Proton oder Neutron – oder Elektronen, die von der Sonne oder der galaktischen kosmischen Strahlung freigesetzt werden – Materialien durchdringen. Die häufigste Quelle für Störungen durch Einzelereignisse sind galaktische kosmische Strahlen, aber es gibt auch andere Formen der Exposition gegenüber diesen geladenen Teilchen. Satelliten außerhalb der Erdmagnetosphäre sind besonders anfällig für diese Umgebung mit freier Teilchenstrahlung. Die Magnetosphäre schützt die Erde im Allgemeinen vor diesen Strahlungen. Bei Satelliten mit geringerer Höhe und Neigung ist es weniger wahrscheinlich, dass sie den Auswirkungen von Sonnenstrahlung ausgesetzt sind – sie sind durch die Magnetosphäre gut geschützt.

Unglücklicherweise können diese freien Teilchen ein Single Event Upset auslösen (eine binäre 0 in eine 1 umwandeln), was bedeutet, dass ein Sensor das genaue Gegenteil des tatsächlichen Signals liest, und ein Programm wird falsch beeinflusst. Außerdem können diese geladenen Teilchen potenziell Daten beschädigen, die im CPU-Speicher während des Latching-Fensters eines Prozesses gespeichert werden. Dies kann zu irreparablen Schäden an der CPU führen. Da die CPU-Geschwindigkeit bei fast jedem Prozess hier auf der Erde ansteigt, sind höhere Taktraten in Weltraum-CPUs selten zu finden. Dies liegt daran, dass die erhöhte Geschwindigkeit (d. h. mehr Latching-Fenster) die CPU anfälliger macht. Wissenschaftler haben diesen Effekt durch das „Härten” des Halbleitermaterials abgemildert – indem sie es mit Saphir oder Galliumarsenid herstellen, die beide weniger strahlenempfindlich sind als Silizium. Will man Halbleiter auf diese Weise härten, so muss die Halbleiter-Fertigungsanlage komplett überholt werden, was natürlich astronomische Preise mit sich bringt.

Bei anderen Methoden, wie z. B. RHBD, wird eine Standard-CMOS-Fertigung implementiert und es werden Redundanzen aufgebaut, um eine Beständigkeit gegen Strahlung zu erreichen. Bei der Triple Modular Redundancy werden zum Beispiel drei identische Kopien jedes Bits im Speicher angelegt. Beim Lesen werden alle drei Exemplare gelesen, und das „richtige” Exemplar wird durch Mehrheit gewählt. Auf diese Weise wird vermieden, dass einzelne Teilchen den Speicher beschädigen. Zwei Partikel müssten gleichzeitig mit zwei verschiedenen identischen Bit-Kopien interagieren – an verschiedenen Stellen auf dem Chip – um ein falsch positives Signal während der Lesephase zu erzeugen.

Fazit

Es gibt diverse Umweltfaktoren in den verschiedenen Bereichen des Weltraums, die ihn für Elektronik zu einer feindlichen Umgebung machen. Um den Ausfall eines auf einem Satelliten vorhandenen Systems zu verhindern, müssen umfangreiche Vorkehrungen getroffen werden. Dies ist besonders wichtig, da die Raumfahrttechnik einen ausgefahrenen Satelliten nicht einfach in eine Reparaturwerkstatt bringen kann. Die extreme Spezialisierung eines jeden Satelliten erfordert von fast allen beteiligten Ingenieuren ein umfangreiches Tracking, umfassende Entwicklungsarbeit und akribische Genauigkeit.


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