Die große Auswahl an Drahtlos-Kommunikationssystemen wie Mobiltelefonnetze und WLAN ist für die Entwickler eingebetteter Geräte von großem Vorteil. Unter Nutzung dieser eigentlich verbraucherorientierten Technologien können eingebettete Systeme nahezu weltweit schnelle Datenraten und Zuverlässigkeit im Betrieb erreichen, und das bei niedrigen Übertragungskosten.
Es wird zwar dieselbe drahtlose Technologie verwendet wie für Verbrauchergeräte, aber der Entwicklungsprozess ist bei typischen eingebetteten Systemen – bei Stückzahlen von einigen Tausend verglichen mit einigen Millionen – doch ein anderer. Bei der Planung drahtloser Konnektivität für ein eingebettetes Gerät mit geringer Stückzahl gehen Entwicklungsteams meist nach einer von zwei Methoden vor:
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Modemlösung: Einbau eines Modems mit PTCRB-Zertifizierung und Netzwerkzulassung auf der Platine. In diesem Fall muss nur noch die Schnittstelle über seriellen Bus oder USB konzipiert werden. Multi-Tech Systems ist der bekannteste Lieferant für solche Modems für eingebettete Anwendungen.
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Modullösung: Einplanung eines geeigneten HF-Moduls in das System, plus zusätzliche Komponenten für erforderliche Funktionen wie Steuerung, Spannungsversorgung, Busschnittstelle, Antenne, Schaltungsschutz usw. Bekannte Lieferanten solcher Module sind Telit, Sierra Wireless, ublox oder Gemalto
Damit steht das Entwicklungsteam vor der Entscheidung zwischen Eigenfertigung und Zukauf. Bei Einplanung eines Drahtlosmoduls in das System kann das Entwicklungsteam gegenüber einer Modemlösung bei einem typischen mobilfunkfähigen Produkt Stücklistenkosten in Höhe von ca. 10-30 USD einsparen.
Den geringeren Stücklistenkosten stehen allerdings die Kosten für die Eigenentwicklung eines Drahtlosmoduls und die Erlangung der notwendigen Genehmigungen, u.a. für die Frequenz. Bei Mobilfunksystemen kann der Genehmigungsprozess langwierig, teuer und unsicher sein. Eine Modemlösung von einem namhaften Lieferanten dagegen bringt die Zulassung für mehrere Frequenzen bereits mit.
Bei der Modullösung ist zu bedenken, dass die Design- und Zulassungskosten bereits vor der Marktreife des Produkts anfallen. Die Rentabilitätsschwelle lässt sich einfach errechnen – diejenige Anzahl verkaufter Geräte, ab der die höheren anfänglichen Entwicklungskosten für das Modul ausgeglichen werden durch die niedrigeren Stücklistenkosten des Moduls. Zu diesen Entwicklungskosten für das Modul gehören nicht nur die Kosten für Design und Prototyping der Schaltung, sondern auch die für die Zulassung durch den Netzbetreiber und behördliche Zertifizierungen. In einem typischen Szenario liegt die Rentabilitätsschwelle bei ca. 6.000 bis 7.000 Stück.
Die Entscheidung zwischen Eigenfertigung und Zukauf ist weniger eine technische als eine geschäftliche Frage. In dieser stark normierten Umgebung wird der Leistungsunterschied zwischen modulbasierten Eigenkonzeptionen und Modemlösungen kein großer sein. Techniker können den Zuständigen aber eine Informationsbasis für die Entscheidung schaffen, indem sie die Design-, Wettbewerbs-, Marketing- und Lieferkettenrisiken beziffern, mit denen die einfache Rentabilitätsrechnung nach Abbildung 1 steht und fällt.
Es mag verführerisch sein, sich bei den Entscheidungen nur auf die bekannten Zahlen wie Stücklisten- und Entwicklungskosten zu verlassen, die sich recht präzise vorhersagen lassen. Die oben genannten Risiken dagegen und die von ihnen ausgehenden Kosten sind schwieriger in Rechnung zu bringen.
Dennoch können Entwicklungsteams mit einiger Genauigkeit die Kostenbereiche abschätzen, indem sie ihre Annahmen mit Wahrscheinlichkeiten wichten. Diese Methode der Kosten-Nutzen-Kalkulation ist immer noch wesentlich robuster als die Praxis, die schwer abschätzbaren Kosten komplett zu ignorieren. Bei Anwender dieser robusteren Methode stellt sich meist heraus, dass die tatsächliche Rentabilitätsschwelle weit oberhalb der 7.000 Stück liegt.
Die Risiken der Eigenentwicklung von Drahtlos-Modems
Die erste potenzielle Kostengruppe ist ein oft verschwiegenes Risiko: das Designrisiko. Auch wenn es Konstrukteure von eingebetteten Systemen nicht gerne zugeben, es besteht immer das Risiko, dass ein Inhouse-Team nicht beim ersten Anlauf das richtige Design produziert. Gerade das Design von HF-Technik ist besonders pannenanfällig, weil die Leistung des HF-Moduls oder der Antenne durch Interferenzen aus anderen Systemteilen beeinträchtigt werden kann und dies schwer zu erkennen oder gar vorherzusagen ist. Ein erfahrenes, fähiges HF-Designteam wird selten ins Straucheln kommen. In eingebetteten Projekten jedoch, bei denen zum ersten Mal Konnektivität ins Spiel kommt oder bei denen drahtgebundene durch drahtlose Kommunikation ersetzt werden soll, ist die Schwierigkeit der Einbringung von Mobil- oder WLAN-Funk nicht zu unterschätzen.
Das zweite nicht unerhebliche Risiko, mit dem zu rechnen ist, ist das Wettbewerbsrisiko. Geschäftseinheiten sollten sich die Gedanken darüber machen, wie viel Gewinn in einem Marktsegment vom Erstanbieter abgeschöpft wird. Wie hoch ist das Risiko, dass ein Wettbewerber vor uns auf den Markt kommt?
Die Schätzung von Multi-Tech auf Basis von Kundenangaben beläuft sich auf zusätzliche neun Monate bis zum Markteintritt des Endprodukts, wenn die Entscheidung für Eigenentwicklung und gegen Zukauf fällt. Jeder Hersteller hat seine eigenen Prognosen für die Entwicklungszeit, aber bei Mobilfunkanwendungen ist die Dauer der Zulassungsprozesses zu berücksichtigen, die sich weitgehend der Kontrolle des Herstellers entzieht.
Ein weiteres Risiko ist vom Kundenverhalten abhängig: das Risiko, dass der Hersteller Produktvarianten oder aktualisierte Versionen des ursprünglichen Produkts entwickeln muss. Wenn zum Beispiel das ursprüngliche Produkt erfolgreich ist, besteht ein vom Marketing getriebenes Erfordernis zur Entwicklung von Varianten auf der ursprünglichen Plattform. Das können kostengünstigere Versionen mit „abgespecktem“ Funktionsumfang sein oder aber Premiumversionen mit zusätzlichen Funktionen.
Diese Varianten erfordern möglicherweise eine andere Drahtlosfunktionalität und ein anderes Modem. Wenn das ursprüngliche Produkt modulbasiert war, wandern möglicherweise das alte Design und die Fertigungswerkzeuge in die Tonne, weil für den neuen Drahtlos-Chipsatz eine ganz andere Peripherie erforderlich ist.
Das vierte Risiko bei modulbasierten Designs hängt mit dem dritten zusammen: Was, wenn ein Hersteller das Design überarbeiten muss, weil der Chipsatz des Drahtlosmoduls veraltet ist? Hersteller von Chipsätzen für Mobilfunk und WLAN ersetzen aufgrund der starken Dynamik des Verbrauchermarkts in sehr kurzen Abständen ihre Produkte durch neue, verbesserte Versionen. Eine solche Überalterung kann auch das Ergebnis von den unter Drahtlos-Chip-Herstellern recht häufigen Fusionen und Übernahmen sein. Die Hersteller von eingebetteten Produkten mit ihren viel längeren Produktlebenszyklen riskieren Kosten für Neukonzeptionen und neue Werkzeuge, die ihnen alleine durch ihre Lieferkette aufgezwungen werden.
Zu guter Letzt sehen sich Hersteller mit globalen Absatzmärkten einer komplexen und zeitintensiven Vervielfachung der Zulassungen gegenüber. Zulassungen für HF-Produkte werden lokal oder regional, aber nicht global gehandhabt. In manchen Ländern muss die Zertifizierung jährlich erneuert werden. Wenn eine Zertifizierung abläuft, muss das Produkt bis zu deren Erneuerung aus dem Handel genommen werden. Es kommt auch vor, dass sich gesetzliche Vorschriften während der Lebensdauer eines Modells ändern und die entsprechenden Zertifizierungen für vorhandene Produkte nicht automatisch ihre Gültigkeit behalten. Hersteller eingebetteter Modems haben Teams von Spezialisten, die sich ständig über weltweite Zertifizierungsvorschriften auf dem Laufenden halten und die Zulassungen ihrer Produkte erneuern. Hersteller, die Module verwenden, müssen einen großen verwalterischen und technischen Aufwand treiben.
Voraussage und Handhabung der Auswirkungen
Die oben beschriebenen Risiken sind naturgemäß schwierig zu quantifizieren und zu kalkulieren. Es kann jedoch eine realistische Schätzung ihrer Kosten unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten vorgenommen werden. Jeder Kunde hat mehr oder weniger fitte HF-Konstrukteure, schnellere oder langsamere Mitbewerber, Endbenutzer mit weiteren oder engeren Anforderungen, längere oder kürzere Produktlebenszyklen. So kann jeder Kunde die Wahrscheinlichkeit, mit der jedes Risiko eintritt, und dessen Kosten abschätzen. Wenn beispielsweise das Risiko eines fehlerhaften Designs 50 % beträgt und die Kosten eines fehlerhaften Designs 100.000 EUR betragen, müssen zur Kostenschätzung für die Herstellung einer Modullösung weitere 50.000 EUR addiert werden.
Bei einer Modemlösung besteht ein erheblich geringeres Risiko im Bereich Zertifizierungen und Zulassungen. Sie lässt sich einfach einbauen und die Entwicklungszeit für das Endprodukt ist erheblich kürzer. Multi-Tech SocketModem-Produkte (siehe Abbildung 3) mindern außerdem auch das Marketing- und Lieferkettenrisiko. Jedes SocketModem-Produkt bietet eine Kombination von Kommunikationstechnologien wie 2G und 3G, GSM und CDMA, Bluetooth und GPS-Tracking, alle mit derselben universellen Universal Socket-Pinbelegung und (wo zutreffend) dem Multi-Tech Universal IP® IP-Stack für dauerhafte/automatische Konnektivität.
Dadurch lassen sich verschiedene Technologien nach Belieben auf der Platine austauschen, mit nur wenigen Änderungen auf der Anwendungssoftwareebene, ohne dass die Hardware oder Werkzeuge neu konzipiert werden müssen oder ein neues IP-Protokoll geschrieben werden muss. Multi-Tech SocketModems sind von Netzanbietern und Behörden zugelassen und unterstützen lange Lebenszyklen von eingebetteten Produkten – weniger langwierige Neukonzeptionen und damit geringere Kosten.
Das Ergebnis der Risikoabschätzung und -kalkulation wird wesentlich erfreulicher durch den Wegfall der normalen Risiken einer Eigenentwicklung bei Einsatz von SocketModem oder ähnlichen Modems. Wie die obige Analyse zeigt, beinhaltet eine Entscheidung für oder gegen Eigenentwicklungen doch mehr als nur die Stücklisten- und Designkosten.