Ein berühmter Satz aus dem Film „Alien“ lautete: „Im Weltall hört dich niemand schreien.“ Hier auf der Erde wird aber jeder die Schreie hören, wenn ein mehrere Millionen Dollar teures Raumfahrzeug aufgrund von Problemen mit fehlerhaften Komponenten ausfällt. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Konstrukteure im Bereich Luft- und Raumfahrt die richtigen Kondensatoren für Raumfahrtanwendungen wählen und strengstens darauf achten, dass keine gefälschten und damit oft fehleranfälligen Teile verwendet werden.
Elektronik in der Luft- und Raumfahrt
Die miteinander zusammenhängenden Bereiche Raumfahrt und (militärische) Raketentechnik waren wichtige Faktoren für die frühe Entwicklung der Elektronikbranche und der entsprechenden Technologien. Das Apollo-Mondflugprogramm der NASA führte zur Erfindung der IC-(Integrierte-Schaltkreise-)Technologie und das Minuteman-Raketenprogramm zog die erste Massenproduktion integrierter Schaltkreise nach sich. Die Raumfahrt stellt sehr hohe Anforderungen an elektronische Komponenten und Systeme. Zu den Herausforderungen gehören extreme Vibrationen, starke Temperaturschwankungen und die besonderen Bedingungen im luftleeren Raum. Auch Strahlung ist wichtiges Problem, da sie zum Ausfall oder sogar zur vollständigen Zerstörung elektronischer Systeme führen kann.
Aufgrund dieser besonderen Bedingungen muss die Elektronik für die Raumfahrt äußerst anspruchsvollen Spezifikationen genügen. Daher ist der Markt für raumfahrttaugliche Komponenten auf eine relativ kleine Zahl von Anbietern beschränkt, die über die Fähigkeiten verfügen, diesen Standards und Anforderungen gerecht zu werden.
Ausfälle von Komponenten in der Luft- und Raumfahrt
Misserfolge bei Weltraummissionen konnten bisweilen auf Ausfälle von Komponenten zurückgeführt werden. Als einer von vielen möglichen Gründen für den Absturz der russischen Phobos-Grunt-Raumsonde wurde die Verwendung defekter SRAM-Bauteile genannt. Die 2011 gestartete Phobos-Grunt sollte zu einem der Marsmonde und wieder zurück zur Erde fliegen. Allerdings konnte sie die Erdumlaufbahn nicht verlassen und stürzte schließlich ab.
Der Leiter der russischen Raumfahrtbehörde begründete dieses Scheitern mit der Verwendung gefälschter Teile, die, nachdem sie der kosmischen Strahlung ausgesetzt waren, versagten.
Eine Kommission zur Untersuchung des Unfalls kam zu dem Schluss, dass das Scheitern der Phobos-Grunt-Mission das Ergebnis von vielen Faktoren, einschließlich nicht ausreichender Qualitätskontrolle und fehlender Tests, war.
Gefälschte Teile in der Luft- und Raumfahrt: Gefahren und bewährte Methoden
Gefälschte Teile stellen aus vielen Gründen eine wachsende Herausforderung für die Elektronikbranche dar, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Zahl chinesischer Marktteilnehmer. Auch die große Zahl veralteter Teile, die in seit längerer Zeit bestehenden militärischen Luftfahrtprogrammen eingesetzt werden, macht diesen Markt zu einem verlockenden Ziel für Anbieter gefälschter Komponenten.
Um dem Problem solcher Fälschungen entgegenzutreten, unterstützte die NASA die Gründung des SAE International G-19 Committee, dessen Aufgabe darin besteht, Vorgehensweisen zur Verringerung des Risikos durch gefälschte Teile zu entwickeln. Die NASA führte eine Reihe von Verfahren zur Erkennung und Vermeidung von Fälschungen ein. Dazu wurden auch Methoden zur Beurteilung der Fähigkeiten von Lieferanten und zum Erkennen potenzieller Probleme entwickelt.
Gefälschte elektronische Komponenten: Validierung
In der Raumfahrtbranche tätige Unternehmen müssen aber nach wie vor selbst für die Implementierung eines Prozesses sorgen, der es ermöglicht, auf dem Markt befindliche gefälschte Teile und Gerätschaften zu erkennen. Dies erfordert ständige Anstrengungen und zuverlässige Datenquellen, um über Berichte zu auf dem Markt befindlichen gefälschten Geräten auf dem Laufenden zu bleiben.
Unternehmen können auch selbst umfassendere Tests von elektronischen Produkten durchführen. So hat beispielsweise NXP Semiconductors eine USB Type-C-Lösung entwickelt, die dazu dient, Gerätschaften zu validieren, wozu auch die Prüfung auf gefälschte Teile in Spannungsversorgungen gehört.
MIL-Standards für die Luft- und Raumfahrt
Unternehmen müssen auch sicherstellen, dass sie Komponenten beschaffen, die den Standards für Leistung und Widerstandsfähigkeit im Weltraum entsprechen. Zu diesen Standards gehört auch MIL-PRF-55365, der allgemeine Anforderungen an dielektrische Tantal-Festkondensatoren formuliert. Diese Kondensatoren sind in erster Linie für den Einsatz in Dick- und Dünnschicht-Hybridschaltungen oder in oberflächenmontierten Anwendungen für Filter-, Bypass-, Kupplungs- und andere Anwendungen konzipiert.
Ein weiterer Standard ist MIL-STD-1580, der die Anforderungen an die destruktive physische Analyse von Teileproben definiert. Dieser Standard legt die Anforderungen an die Analyseverfahren und die Interpretation der Ergebnisse fest.
Alternativ gibt es auch die Spezifikation 3009 der European Space Components Coordination (ESCC), die verschiedene Arten von Kondensatoren abdeckt, darunter Keramik-, Tantal- und Durchführungskondensatoren. Die Spezifikation beinhaltet Bewertungen, physikalische und elektrische Eigenschaften sowie Test- und Inspektionsdaten.
Verwendung von Elektronikherstellern im Luft- und Raumfahrtbereich
Unternehmen der Luft- und Raumfahrtbranche können sicherstellen, dass Komponenten authentisch sind und den geltenden Standards entsprechen, indem sie sie direkt von den Herstellern oder von autorisierten Händlern beziehen. Manche Lieferanten von Kondensatoren bieten Produkte an, die speziell für den Einsatz in Luft- und Raumfahrt- oder militärischen Anwendungen entwickelt wurden.
Beispielsweise führte AVX dielektrische BME (Base Metal Electrode)-Mehrschichtkeramikkondensatoren (MLCCs) des Typs X7R ein, die zur Verwendung in bemannten und unbemannten Raumfahrzeugen und Satelliten geeignet sind. Nach Angaben von AVX bieten diese Bauteile höhere Kapazitätswerte in kleineren Gehäusegrößen und reduzieren dadurch den Platzbedarf und das Gewicht – beides Schlüsselfaktoren für die Raumfahrtelektronik. Die Kondensatoren verfügen dazu über eine Zinn-Blei-Plattierung mit Flexiterm-Anschlüssen, die starken mechanischen Belastungen widerstehen, weil sie mehr als doppelt so biegsam sind wie Standard-Anschlüsse.
Dazu bietet AVX auch die TCH-Serie hermetisch abgedichteter Tantal-Polymer-Chip-Kondensatoren für die Luft- und Raumfahrt und andere Anwendungen an, bei denen es auf höchste Zuverlässigkeit ankommt. AVX sagt dazu, dass die TCH-Serie ursprünglich für ein Programm der ESA entwickelt wurde, bei dem es auf extrem hohe elektrische Kapazität und niedrige ESR(Equivalent Series Resistance, gleichwertiger Serienwiderstand)-Werte ankam.
Ein anderer Anbieter, KEMET Corp., kündigte eine Reihe von Polymer-Kondensatoren für den Militär- und Luft-/Raumfahrtbereich an. Im Rahmen der T540 und T541 Polymer COTS-Serien des Unternehmens werden die Kondensatoren auf Entkopplungs- und Filteranwendungen ausgerichtet, die sehr niedrige ESR-Werte, hohe Restwelligkeitsstromkapazität und verbesserte Kapazitätskonstanz bei hohen Frequenzen erfordern. Diese Eigenschaften sind für Luft- und Raumfahrtanwendungen wie Radar, Spannungsversorgungen und Leitsysteme geeignet.
Elektronik-Distributoren für Luft- und Raumfahrtanwendungen
Bei dem Bezug von Bauteilen von Distributoren müssen Unternehmen in der Raumfahrtbranche sicherstellen, dass sie mit namhaften Firmen, die sich wirksam gegen die Verwendung gefälschte Teile engagieren, zusammenarbeiten. Dies ist besonders wichtig im Militär- und Luft-/Raumfahrtbereich, wo mittlerweile viele Komponenten veraltet sind.
Manche Distributoren bieten die Gewährleistung für die Vermeidung von Fälschungen, indem sie direkt mit Lieferanten zusammenarbeiten und niemals bei Drittparteien einkaufen. So erklärte beispielsweise Arrow Electronics Inc., dass das Unternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten End-of-life-Produkte in großem Umfang unmittelbar ab Werk bezogen hatte.
Dadurch kann Arrow Tausende nicht mehr hergestellter Teile bis zu zehn Jahre, nachdem ihre Produktion eingestellt wurde, weiter verkaufen. Die Teile von Arrow verfügen über Konformitätszeugnisse („Certificates of Compliance”), die das Risiko gefälschter Komponenten, die Weltraummissionen ernsthaft gefährden könnten, eliminieren. Durch die Auswahl der richtigen Komponenten und das treffen von Maßnahmen zur Vermeidung von Fälschungen können Unternehmen dazu beitragen, das Risiko von Kondensatorausfällen im Weltraum zu reduzieren.