Mit der zunehmenden Komplexität von Endprodukten sind Stromerzeugungskits heute wesentlich umfassender als in den Anfangsjahren. Die Geräte sind RoHS-, FCC- und CE-konform und verfügen über ein optimiertes Layout und eine gute EMC-Leistung. Zudem verfügen sie über umfassende Software-Suites und wurden getestet.
Gleichzeitig stehen Entwickler unter zunehmendem Druck, die Zeit bis zur Markteinführung ihrer Produkte zu verkürzen, ein Trend, der sich mit dem immer schneller werdenden Internet der Dinge (IoT) nur verstärken kann.
Abbildung 1: mBED-Entwicklungskit von Freescale für IoT-Anwendungen. (Quelle: EDN-Europe)
Daher sind Unternehmen und Unternehmer dazu übergegangen, Entwicklungsplatinen und Komponenten direkt in ihre Produktentwicklung einzubinden, um Entwicklungszeit und -kosten zu reduzieren. Entwicklungskits gewinnen als grundlegende Komponenten des Entwicklungsprozesses zunehmend an Bedeutung. Dies geht weit über das Prototyping und Prüfen hinaus und meint die teilweise bzw. ganzheitliche Verwendung von Entwicklungskits als Referenzdesign und sogar die Einbindung dieser Designs in die eigenen Endprodukte.
Eine 2014 durchgeführte Untersuchung von Entwicklungsingenieuren hat ergeben, dass 45 Prozent der Teilnehmer Entwicklungskits — vorwiegend für Erfassungs-, drahtlose und Kommunikationsanwendungen — als Teil ihres eigenen Designs verwenden, und 79 Prozent hiervon haben angegeben, einen Teil des Entwicklungskit-Designs in ihrem eigenen finalen Produkt-Design zu verwenden. Die Untersuchung zeigt auch, dass vier von fünf dieser Designs innerhalb von 12 Monaten oder weniger in die Produktion gingen.
Die Hersteller von Entwicklungsplatinen haben erkannt, dass ihre Systeme einen schnellen Weg zum fertigen Produkt bzw. eine Methode bieten, um ein bereits bestehendes Produkt leicht mit einer neuen Funktion zu versehen. Beispielsweise bietet FTDI eine Reihe von Entwicklungsmodulen an, die das Prototyping und die Entwicklung für ihre USB-Geräte unterstützen. Das Unternehmen bewirbt die eigenen Entwicklungsmodule als Möglichkeit, innerhalb von bereits bestehenden Produktdesigns eine USB-Konnektivität herzustellen.
Andere Lieferanten bieten Entwicklungsplatinen mit Zusatzfunktionen an, die wiederum speziell für Lieferanten bestimmt sind, die das Entwicklungssystem als Grundlage für ein vollentwickeltes Produkt verwenden möchten.
Entwicklungskits für Produktionssysteme: Pro und Contra
Wann ist es sinnvoll, die Verwendung eines Entwicklungskits als Grundlage für ein Design in Betracht zu ziehen, und wann ist es sinnvoller, alles selbst zu entwickeln? Hier eine Auflistung der Pros und Contras. Zunächst die Pros:
• Für Anwendungen, die in geringer Stückzahl oder als Einzelexemplar hergestellt werden oder Projekte, bei denen die Kosten für die Hardware einen geringen Teil der Gesamtkosten ausmachen, können die höheren Kosten für eine Entwicklungsplatine der Entwicklungszeit gegengerechnet werden.
• Wenn eine Zertifizierung (FCC, CE usw.) im Verhältnis zu den Hardware-Kosten teuer oder zeitaufwändig wäre, kann ein Entwicklungskit sinnvoll sein.
• Wenn die gebaute Einheit über zahlreiche kundenspezifische Anwendungen verfügt bzw. Kunden besondere individuelle Ausführungen wünschen, kann ein Entwicklungssatz die Entwicklungszeit deutlich reduzieren.
• Wenn einem bereits bestehenden Design eine spezielle Schnittstelle — wie ZigBee oder Bluetooth — hinzugefügt werden soll, kann die Verwendung eines Entwicklungskits die schnellste und einfachste Lösung sein.
Andererseits führt die Verwendung einer Entwicklungskit-Platine bestimmte Nachteile mit sich:
• Die höheren Kosten können dazu führen, dass die Verwendung eines Entwicklungskits der Massenproduktion im Wege steht.
• Allgemein weist ein Entwicklungskit für eine Sonderanwendung ein geringeres Preis-Leistungs-Verhältnis auf.
• Hinsichtlich eingebundener Peripheriegeräte, I/O usw. kann die Hardware weniger flexibel sein.
• Ein Entwicklungskit ist meist größer als eine Custom-Platine.
• Ein Entwicklungskit kann schwerer zu integrieren sein (mechanisch und elektrisch).
• Der Hersteller eines Entwicklungskits kann große Mengen in der Regel nicht effizient bereitstellen.
• Manche Entwicklungskits sind nur unter einer bestimmten Lizenz erhältlich (beispielsweise dieses), die Ihre geistigen Eigentumsrechte jedoch nicht ausreichend berücksichtigt.
Plan B: Verkürzung der Entwicklungszeit durch das Anlegen von Entwicklungskit-Dateien
Wenn Sie die Entwicklungsplatinen-Hardware nicht “wie bereitgestellt” verwenden können, beginnen Sie am besten mit der Konstruktion und machen nur die nötigsten Anpassungen. Auch hierfür bieten einige Entwicklungskit-Hersteller einen umfassenden Satz Konstruktionstools, um den Prozess zu beschleunigen.
So bietet z. B. Freescale Konstruktionsdateien für Leiterplatinen für alle Freescale Tower-Module an. Diese können einem erfahrenen Platinenkonstrukteur beim Bau seines eigenen Moduls oder einem abgewandelten Design helfen. Die Dateien werden je nach Ihrem Kit in einem professionellen Format bereitgestellt, wobei einige oder alle der folgenden Dateien verfügbar sind:
• LAY — Layout-Quelle (Cadence Allegro)
• GRB — Gerber-Dateien
• FAB — Fertigungsdokument
• UNI — UniCAM-Datei
• CEN — Platzierungs-Datei
• BOM — Stückliste
• SCH — Schaltbild-Quelle (Cadence, OrCad)
• SPF — -Schaltbild-PDF
Ebenso ist das drahtlose 8-bit-Entwicklungskit MRF89XA von Microchip eine Evaluations- und Entwicklungsplattform für Sub-GHz-Anwendungsentwickler. Das Entwicklungskit umfasst das Transceiver-Modul MRF89XAM9A und die Mikrocontroller-Familie PIC18 XLP von Microchip, mit denen Entwickler schnell drahtlose Anwendungen entwickeln können. Das Vorführkit ist mit dem Protokollstapel MiWi™ von Microchip vorprogrammiert und wird mit umfassenden Gerber-Dateien geliefert.
Zudem ist das Modul MRF24J40MA behördlich für modulare Geräte in den USA, Kanada und Europa zugelassen. Dadurch kann der Endnutzer das MRF24J40MA-Modul in ein fertiges Produkt einsetzen, ohne eine für einen absichtlichen Strahler (RF-Transmitter) erforderliche behördliche Prüfung durchführen zu müssen, sofern am Modulschaltkreis keine Änderungen vorgenommen werden.
Nicht nur die Hardware zählt
Denken Sie bei der Entscheidung für die Verwendung eines gesamten Entwicklungskits oder eines Teils davon in Ihrem Produktionsdesign daran, dass Entwicklungskits mehr sind als nur ihre Hardware. Software Development Kits (SDKs) für eingebundene Mikrocontroller umfassen zahlreiche Software-Module: Real-Time Operating Systems (RTOS), Gerätetreiber, TCP-IP-Stapel uvm., welche die Entwicklungszeit drastisch reduzieren können.
Abbildung 2: Sitara-SDK. (Quelle: LinuxGizmos)
Das SDK für die Sitara-Prozessoren von Texas Instruments, die auf ARM®-Kerne der A-Serie basieren, umfasst beispielsweise Folgendes:
• Linux Kernel und Bootloader
• GUI-basierter Anwendungsstarter
• Dateisystem
• Qt/Webkit-Anwendungsframework
• 3-D-Grafiksupport
• Integrierter WLAN- und Bluetooth®-Support für ausgewählte Teile
• ARM-Benchmarks: Dhrystone, Linpack, Whetstone
• Webkit-Webbrowser
• Soft Wi-Fi-Zugangspunkt
• Kryptografie: AES, 3DES, MD5, SHA
Das Sitara-SDK kann kostenlos heruntergeladen werden, erfordert keine Laufzeitlizenzen und umfasst Board Support Packages (BSPs), Tools, Demos und Dokumentation.
Arrow bietet eine breite Palette an Entwicklungskits und -Tools für analoge und digitale Anwendungen