Ein Interview mit Carlos Hill von Xcel Energy: Stromspeicher und erneuerbare Energie

Carlos Hill ist Senior Product Portfolio Manager bei Xcel Energy mit den Schwerpunkten Nachfragemanagement, Elektrofahrzeuge und Integration erneuerbarer Energien. Seine Arbeit umfasst Initiativen zur Verbesserung des Stromnetzes, zur Erzeugung erneuerbarer Energie, zur Optimierung von Elektrofahrzeugprogrammen und zur Entwicklung der Energiespeicherung in der bestehenden Infrastruktur.

Energieversorger sehen sich in den kommenden Jahren großen Herausforderungen gegenüber, resultierend aus der Elektrifizierung von Wohngebäuden, Betrieben und Automobilen. Und während die Effizienz gesteigert wird, werden Versorger durch Vorschriften zum vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien gezwungen und müssen in Verfahren zur Energiespeicherung investieren, die in ihre lokalen Netze eingebunden werden können.

Wir haben Hill über seine Ansichten zum Stand der Energiespeicherung auf der Ebene von Stromversorgern sowie für Haushalte befragt und wollten wissen, wie sich die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen auf das vorhandene Stromnetz auswirkt. Zudem waren wir daran interessiert, welche neuen Technologien er für die Stromerzeugungsbranche in den kommenden Jahren als besonders wichtig erachtet.

Energiespeicherung auf der Ebene von Stromversorgern für den Übergang zu sauberer Energie

Arrow Electronics: Welche Optionen gibt es derzeit für das Speichern von Energie?

Carlos Hill: Auf diese Frage suchen alle nach einer Antwort. Öl kann in Fässern, Propan in Tanks gelagert werden. Strom muss üblicherweise sofort verbraucht werden. Meines Erachtens sprechen wir über vier Speichervarianten: Pumpspeicherwerke (PSW), Batteriespeicher, Schwungradspeicher und Wärmespeicher.

Pumpspeicherwerke pumpen Wasser an einen höher liegenden Standort. Dies geschieht normalerweise nachts, wenn im Stromnetz überschüssige Windenergie verfügbar ist. Das Wasser verbleibt bis zum späten Nachmittag an der höheren Position, weil dann mehr Menschen Strom verbrauchen und es zu einer Bedarfsspitze kommt. Die potenzielle Energie des Wassers (Masse × Schwerkraft × Höhe) wird freigesetzt, indem das Wasser abwärts zu einer Turbine fließt, die aus der Umwandlung in kinetische Energie Strom erzeugt. Der große Vorteil von Pumpspeicherwerken besteht darin, dass potenzielle Energie an einem höher gelagerten Ort gespeichert wird, bis sie vom Stromversorger genutzt wird, um mittels Umwandlung in kinetische Energie Strom zu erzeugen.

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Als Batteriespeicher werden vor allem Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt. Einen anderen populären Batterietyp repräsentiert der Eisen-Luft-Akkumulator von Form Energy, der Energie mehrere Tage speichern kann. Teams bei Xcel Energy bemühen sich mit Form Energy um die Entwicklung einer Batterie mit 10 MW Kapazität, die diese Energie für fast 100 Stunden speichern kann.

Xcel Energy hat außerdem ein Pilotprojekt namens Battery Connect für Wohngebäude in Colorado mit SolarEdge- oder Tesla-Batterien in den Garagen aufgelegt, bei dem es um den Ausgleich von Bedarfsspitzen mittels Solarenergie ging. Der Stromversorger lud die Batterien in den Morgenstunden mit hoher Bestrahlungsstärke (Sonnenschein) und entlud die Batterien am frühen Abend, um dem erhöhten Strombedarf der Kunden gerecht zu werden.

PSW sind nur selten Thema, stellen aber eine effiziente Möglichkeit der Energiespeicherung dar. Denken Sie an das Drehen eines Kreisels: Der Kreisel dreht weiter dreht, weil Sie Energie als Drehimpuls auf das Objekt übertragen haben. Energieversorger können in Zeiten, in denen Strom billiger ist, riesige Zylinder zu drehen, um Energie als Drehimpuls zu übertragen. Die Versorgungsunternehmen können die Energie dann in Zeiten mit Bedarfsspitzen wieder extrahieren.

Und schließlich gibt es Wärmespeicher. Ein Beispiel ist das Erhitzen eines Wassertanks, wenn im Netz überschüssige Energie verfügbar ist. Um die Temperatur großer Wassermengen um ein Grad zu erhöhen, werden etliche Energieeinheiten benötigt. Wasser hat aber eine hohe Wärmekapazität, kann die Energie also bei geeigneten Bedingungen halten. Diese Energie kann dann zu Spitzenzeiten ins Netz eingespeist werden. Derzeit werden Wärmespeicher in den USA kaum genutzt.


Arrow Electronics: Wie können diese Energiespeicher in der derzeitigen Infrastruktur eingesetzt werden?

Carlos Hill: Pumpwasserkraft setzt hohen Kapitalaufwand voraus. Der Bau dieser Systeme ist aufwendig und muss vorzugsweise in hügeligen oder bergigen Regionen erfolgen. Offene Systeme liegen vor, wenn das Wasser auch unabhängig von der Turbine an einem Damm abwärts fließt, während geschlossene Systeme eingesetzt werden, wenn das Wasser ausschließlich zwischen dem höher und dem tiefer gelegenen Sammelbecken zirkuliert.

Schwungradspeicherung ist überall möglich – in Parks, in der Wüste und in der Nachbarschaft. Benötigt wird nur ein ebenes Grundstück.

Batterien können für den industriellen Einsatz und die private Nutzung ebenfalls weitgehend beliebig platziert werden. Sie sind heute die gebräuchlichste Variante, die der durchschnittliche Amerikaner kennt. Kleine Batteriesysteme mit einer Kapazität von beispielsweise 5 Kilowatt passen in eine Garage. Wenn es etwas größer sein soll, z. B. 50 kW, wird schon ein Lagerhaus benötigt.

Arrow Electronics: Welche Probleme ergeben sich beim Speichern von Energie aus erneuerbaren Quellen unter Verwendung der vorhandenen Infrastruktur?

Carlos Hill: Erneuerbare Energie ist variabel. Wir können Kohle und Erdgas verbrennen, wann immer wir wollen. Wind- und Solarstrom werden aber nur wetterabhängig produziert. Zudem ist die Komplikation zu berücksichtigen, dass es zu einer Überproduktion kommt, wenn reichlich erneuerbare Energie verfügbar ist. In diesen Situationen müssen Generatoren abgeschaltet werden, wenn keine Speicherkapazität verfügbar ist.

Wird Strom aus Solar- oder Windenergie gewonnen, kann die Überproduktion in Batterien gespeichert werden. Dabei sollte immer ein Elektrotechniker herangezogen werden, der mit Spannung, Stromstärke, Wechselrichtern, Kapazität und ähnlichen Begriffen vertraut ist.

Die nächste Phase der nachhaltigen Energiewende

Arrow Electronics: Kennen Sie Beispiele von Speichern für erneuerbare Energie in netztauglichen Größenordnungen, die heute im Einsatz sind?

Carlos Hill: Xcel hat das Pumpwasserkraftwerk Cabin Creek in Colorado. Wir entwickeln in einer Partnerschaft mit Form Energy einen Energiespeicher für die mehrtägige Speicherung. Die Eisen-Luft-Batterien sind mit beeindruckenden Kapazitäten von bis zu 10 MW für bis zu vier Tage bahnbrechend. Das entspricht 1000 MWh Energie, die in der Eisen-Luft-Batterie potenziell gespeichert werden können. Diese Eisen-Luft-Batteriesysteme mit potenziellen 1000 MWh und Langzeitspeicherung sind für ein störungsfreies Netz von entscheidender Bedeutung. Projekte zur mehrtägigen Speicherung von Energie sollen die Nutzung erneuerbarer Energien optimieren und gleichzeitig die Zuverlässigkeit des Xcel Energy-Netzes sicherstellen. Die beteiligten Parteien werden die Batterien an den Standorten stillgelegter Kohlekraftwerke wie Sherburne Station in Minnesota und Comanche Station in Colorado bauen. Dank dieser Batterien in versorgergeeigneter Größenordnung wird Xcel Energy erneuerbare Energie speichern können, um sie in Zeiten geringerer Energieproduktion in das Netz einzuspeisen. Im ganzen Land gibt es einige dieser Batterien in versorgergeeigneter Größenordnung.

Arrow Electronics: Zeichnen sich andere neue Technologien zur Energiespeicherung ab?

Carlos Hill: Eine populärer werdende Energiespeichertechnologie ist grüner Wasserstoff. Die verschiedenen Farben kennzeichnen unterschiedliche Produktionsverfahren: grauer Wasserstoff, brauner Wasserstoff, blauer Wasserstoff, grüner Wasserstoff und rosa Wasserstoff. Grüner Wasserstoff bedeutet, dass grüne Energie zum Betrieb des Elektrolyseurs genutzt wird. Diese beeindruckende Maschine führt eine Elektrolyse durch, spaltet also das Wasser auf. Wasser kann in Wasserstoff- und Sauerstoffatome zerlegt werden. Der Wasserstoff wird dann gelagert und bei hohem Strombedarf in eine Brennstoffzelle gespeist.

Überschüssiger Strom wird also genutzt, um den Elektrolyseur zu speisen, der Wasserstoff produziert. Der Wasserstoff kann in einem Tank aufbewahrt werden (ähnlich wie Öl in Fässern). Bisher ist dieser Prozess nicht wirklich wirtschaftlich.

Einfluss der Konsumenten auf die Nutzung erneuerbarer Energien

Arrow Electronics: Welche Trends werden Ihres Erachtens Fortschritte im Bereich der Speicherung erneuerbarer Energie beeinflussen?

Carlos Hill: Die Einführung von Elektrofahrzeugen bringt neue Belastungen für das Netz mit sich, die es so noch nie gegeben hat. Häuser verbrauchen Strom für Kühlschrank, Beleuchtung, Klimaanlage, Waschmaschine und Trockner sowie andere Haushaltsgeräte. Jetzt ist eine Nachfragespitze zu beobachten, weil Wohnhäuser enorme Mengen an Strom benötigen, während Elektrofahrzeuge geladen werden. Es wird viel darüber diskutiert, wie diese zusätzlichen Belastung abgefangen werden kann. Mögliche Strategien werden als statisches/passives Laden und als dynamisches/aktives Laden bezeichnet. Bei Umsetzung dieser Strategien werden Elektrofahrzeuge zu Zeiten geladen, in denen die Netzbelastung geringer ist.

Küchenrenovierungen, bei denen von Gas auf Strom umgestellt wird, belasten das Netz ebenfalls. Versorgungsunternehmen müssen sicherstellen, dass die Zuleitungen, Transformatoren und Umspannstationen angemessen ausgelegt sind, um diesem zunehmenden Strombedarf gerecht zu werden.



Die Meinungen sind Meinungen des Interviewten, nicht von Arrow Electronics Inc. oder Partnerunternehmen.



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