Das Konzept des „Energy Harvestings“ ist nicht mehr neu, die Nutzung dieser Lösung in realen Produkten ist jedoch mit Herausforderungen verbunden. Was ist Energy Harvesting, warum ist dies schwierig zu implementieren, welche Auswirkungen hat es auf IoT-Geräte (Internet of Things) und welche Implikationen sind damit verbunden?
Was ist Energy Harvesting?
Energy Harvesting bezeichnet den Mechanismus, mit dem ein Gerät vor Ort und in natürlicher Weise vorhandene Energie absorbieren, sie in Nutzenergie umwandeln und dann damit Arbeit verrichten kann. Bei elektrischen Geräten kann ein Energy Harvester Energie aus der Umgebung in Elektrizität umwandeln, die dann weiter in elektrischen Geräten mit geringem Energiebedarf genutzt werden kann. Es gibt zahlreiche natürlich vorkommende Energiequellen, die zur Generierung von Elektrizität genutzt werden können, darunter Sonnenstrahlung, Wind, Vibrationen, Magnetismus, Wärme und Funkwellen.
Beispiele für Energy-Harvesting-Techniken
Die Gewinnung von Energie aus der Umgebung ist nicht immer einfach und hat oft auch deutliche Grenzen. Wie können natürlich vorkommende Energiequellen in Elektrizität umgewandelt werden?
Solar
Das offensichtlichste Beispiel für natürlich vorkommende Energie ist das Sonnenlicht. Mithilfe von Solarzellen kann das Licht durch den photovoltaischen Effekt direkt in Elektrizität umgewandelt werden, die einen Kondensator oder eine Batterie auflädt, um ein Gerät zu betreiben. Eine solche Energiequelle benötigt jedoch häufig eine sehr große Oberfläche, um die Energieausbeute zu maximieren, und funktioniert oft nur bei direkter Sonneneinstrahlung.
Wind
Wind ist ein weiteres offensichtliches Beispiel für natürlich vorkommende Energie. Doch genau wie bei der Solarenergie gibt es auch hier Probleme. Die Umwandlung von Windkraft in Elektrizität erfolgt mithilfe eines mit einem Rotor verbundenen Dynamos. Wenn der Wind den Rotor dreht, dreht sich die Welle des Dynamos, wodurch Elektrizität entsteht. Bei einem solchen System muss der Energy Harvester Wind aufnehmen können und Wind ist eine nur unregelmäßig verfügbare Energiequelle.
Thermoelektrik
Ein thermoelektrisches System kann Elektrizität erzeugen, wenn zwischen zwei Punkten eine große Temperaturdifferenz besteht. Ein einfaches Beispiel für ein thermoelektrisches System ist ein Peltier-Kühler, bei dem die „heiße“ Seite mit einem warmen Objekt und die „kalte“ Seite mit einem kalten Objekt in Berührung steht. Das Ergebnis wird als „Peltier-Effekt“ bezeichnet, durch den der Peltier-Kühler Elektrizität erzeugt.
Elektromechanik
Ein elektromechanischer Energy Harvester wandelt mechanische in elektrische Energie um. Dafür gibt es eine breite Palette von Verfahren. Der Piezo-Effekt ist jedoch am weitesten verbreitet. Ein Piezo-Material biegt sich in eine bestimmte Richtung, wenn an ihm ein elektrischer Strom anliegt, und es generiert Strom, wenn es mechanisch deformiert wird. Daher kann ein Piezo-Element an einem vibrierenden Objekt angebracht werden und dadurch elektrischen Strom generieren.
Funkwellen
Ein mit Funkwellen operierender Energy Harvester wandelt Funkwellen direkt in Elektrizität um. Solche Energy Harvester sind eher selten und generieren sehr wenig Energie (Funkwellen sind eher schwach). Wenn das Funkwellenfeld stark genug ist, können damit jedoch Geräte betrieben werden. Ein klassisches Beispiel dafür sind altmodische Detektorempfänger, die für ihren Betrieb keine Energiequelle (sondern nur eine lange Antenne und eine Verbindung zur Erde) benötigen.
Warum ist Energy Harvesting schwierig?
Eine der größten Herausforderungen beim Energy Harvesting besteht darin, eine geeignete Energiequelle zu finden, die ausreichend Energie für die jeweilige Zielanwendung liefert. So können beispielsweise Sonne und Wind beachtliche Energiemengen liefern, jedoch scheint die Sonne nicht immer und Wind ist außerordentlich unzuverlässig. Selbst wenn beide gleichzeitig verwendet werden, gibt es immer noch bewölkte und gleichzeitig windstille Tage, an denen ein solches System praktisch keine Energie erzeugen kann.
Weitere natürliche Energiequellen, z. B. mechanische oder thermische, sind ebenfalls äußerst unzuverlässig und es stellt eine Herausforderung dar, daraus Energie zu gewinnen, um auch nur einen sehr einfachen Sensor zu betreiben. Ein weiteres Problem für Energy-Harvesting-Systeme ist der Energiebedarf der allermeisten Geräte. Ein IoT-System zu finden, das WLAN nutzt und bei Aktivität weniger als 100 mW verbraucht, ist alles andere als einfach.
Was ändert sich und wie hilft Technologie dabei?
Zwar sind Energy-Harvesting-Geräte für etablierte Geräte nicht wirklich praktisch geeignet, der technologische Fortschritt wird aber Geräte entwickeln, die vollständig mit Energy Harvestern auskommen.
Die erste Verbesserung der Technologie, die dabei wirklich hilft, ist die Verkleinerung der Transistoren. Im Allgemeinen führt die Verkleinerung von Transistoren dazu, dass mehr auf einen Chip passt. Darüber hinaus sinkt der Energieverbrauch der einzelnen Transistoren. So werden Geräte mit kleineren Transistoren nicht nur leistungsstärker, sie verbrauchen auch weniger Energie pro Transistor und haben daher potenziell einen geringeren Energiebedarf.
Die zweite technologische Verbesserung ist die Verwendung intelligenter Energiedesigns, die entweder unglaublich effizient sind (wie etwa spezialisierte DC-DC-Wandler) oder Aufwecksysteme nutzen, die nur dann Energie verbrauchen, wenn sie tatsächlich genutzt werden. Das Ergebnis intelligenter Energiedesigns sind Geräte, die nicht nur mit kleineren und momentanen Energiequellen arbeiten können, sondern auch insgesamt weniger Energie verbrauchen (und daher weniger Energie pro Operationsaktion benötigen).
Der dritte Faktor, der zur Verbesserung von Energy Harverstern und den von diesen betriebenen Geräten beiträgt, ist die zunehmende kommerzielle Nachfrage nach Remote-Geräten, die ohne interne Batterien auskommen. Einige Geräte, wie beispielsweise Türklingeln, müssen möglicherweise mit einem Netz verbunden, aber nur dann aktiv sein, wenn der Klingelknopf betätigt wird. Der Schalter wird durch einen Piezo-Energy-Harvester ersetzt, sodass bei dessen Betätigung das Gerät eingeschaltet wird, eine Meldung an ein Alarmsystem sendet und dann wieder ausgeschaltet wird.
Wie verändern Energy Harvester das IoT?
Wenn zuverlässige Energy-Harvesting-Techniken in IoT-Technologien integriert werden könnten, hätte dies wirklich enorme Auswirkungen. Da IoT-Technologien mit kleinen netzwerkfähigen Sensoren arbeiten, könnten sehr große Bereitstellungen schnell durchgeführt werden, ohne dass nach Energiequellen gesucht werden müsste. Dies ermöglicht das Anbringen von Geräten an praktisch jedem Ort, ohne dass jemals Akkus ausgetauscht oder aufgeladen werden müssten.
Energy Harvesting in IoT-Geräten könnte auch die einfachere Installation von Smart Homes unterstützen. Da keine Strom- oder Kommunikationskabel erforderlich sind, können IoT-Geräte schnell und problemlos einem Heimnetzwerk hinzugefügt werden. Die Kapazitäten der Geräte würden aber von den dafür verfügbaren Energiequellen abhängen, weshalb sich Geräte wie Kameras oder Audioüberwachungsvorrichtungen dafür eher nicht eignen dürften. Solche IoT-Geräte können die Gestalt intelligenter Tasten haben, die bei Betätigung bestimmte Funktionen durchführen (z. B. Artikel bestellen, Türen oder Fenster öffnen oder Umgebungssteuerungen einstellen).
Mythen rund um das Thema Energy Harvesting
Zwar scheint das Energy Harvesting eine fantastische Technologie zu sein, die viele Probleme rund um IoT-Geräte (und mehr) lösen kann, es ist jedoch wichtig, dass Techniker den Unterschied zwischen Energy Harvestern und „Energy Stealern“ gut verstehen. Viele so genannte Energy Harvester sind tatsächlich Energy Stealer und können durchaus mehr Treibhausgasemissionen verursachen.
Piezo-Geräte, die aus mechanischer Energie Elektrizität generieren, sind gute Beispiele dafür. Sie funktionieren sehr gut in Schaltanwendungen (z. B. in einer Türklingel). Solche Geräte, die in Straßen integriert sind und die Vibrationsenergie von Kraftfahrzeugen absorbieren, können jedoch den Widerstand der Straße gegen Kraftfahrzeuge vergrößern, wodurch letztere mehr Kraftstoff verbrauchen.
Funkwellen-Harvester, die Funkwellen absorbieren, reduzieren die Stärke der Signale und damit die Gesamtzahl der Geräte, die das Netzwerk nutzen können. Diese Auswirkungen sind in vielen Fällen sicher nur sehr gering. Millionen von Sensoren führen jedoch zu einem Nettoverlust an Strahlungsleistung und die Funkwellenquelle muss mehr Energie ausgeben, um die gleiche Reichweite und Signalqualität zu erzielen.
Elektromechanische Geräte, die mit Netzstromquellen verbunden sind, beziehen Energie aus dem Netz per kapazitiver Kopplung. Daher müssen mit dem Netz verbundene Energiequellen mehr Energie ausgeben, um die von den Energy Harvestern verursachten Verluste zu kompensieren. Auch hier gilt: Während einzelne Energy Harvester nur unbedeutende Auswirkungen haben, können mehrere Millionen davon eine erhebliche Last verursachen.
Ist Energy Harvesting praktisch umsetzbar?
Beim derzeitigen Stand der Technologie sind Energy Harvester noch eine Neuheit und können noch nicht in Massen produziert und für moderne Produkte praktisch eingesetzt werden. Die Verwendung von NFC-Technologien ermöglicht jedoch schon seit mehr als zwanzig Jahren abtastbare Geräte, die nur aktiviert werden, wenn sie sich in der Nähe eines Lesegerätes befinden. IoT-Geräte, die Energie aus ihrer Umgebung absorbieren können, sind aber noch sehr selten.
Ein weiteres Problem mit solchen Designs besteht darin, dass sie praktisch kaum zu lokalisieren sind, wenn sie nur im Bedarfsfall in Betrieb gehen (d. h. „Deep Sleep“-Geräte). Dies rückt dann ein ganz anderes Problem in den Vordergrund: Datenschutz. Geräte, die die meiste Zeit damit verbringen, Energie zu absorbieren und dann plötzlich in Betrieb gehen, sind nicht nur kaum zu lokalisieren, sie können auch gut für Zwecke wie etwa Spionage verwendet werden. Ein Mobilfunk-IoT-Gerät kann 23 Stunden lang aufgeladen werden und dann innerhalb einer Minute eine Verbindung zu einem Mobilfunknetzwerk herstellen, mit einem Mikrofon Schall aufzeichnen, die Aufnahme hochladen und dann wieder in den Ruhezustand gehen. Eine Minute ist zwar ein kurzes Zeitfenster, der Sensor könnte dabei aber erkennen, ob eine Tür offen ist, ein Computer gestartet wird oder ein NFC-Tag in der Nähe ist.
Fazit
Energy Harvester bieten die Möglichkeit zur Entwicklung äußerst praktischer IoT-Geräte, die ohne austauschbare Energiequellen oder Kabel auskommen. Solche Geräte könnten leicht in schwierigen Umgebungen installiert werden und die Möglichkeit zur Nutzung drahtloser Technologien ermöglicht umfangreiche Bereitstellungen.