In manchen Ländern, etwa in Japan, helfen Roboter schon seit vielen Jahren in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Eine neue Generation von Robotern (Cobots) übernimmt, unterstützt von KI und Machine Learning, immer mehr aktive Rollen bei der Behandlung von Patienten.
Die ersten Roboter zur Unterstützung medizinischer Dienstleistungen wurden bereits in den 1980er Jahren eingesetzt. Chirurgen begannen damit, Roboterarmtechnologien für komplexe Prozeduren zu nutzen, bei denen der Zugang zu den entscheidenden Stellen schwierig und höchste Präzision erforderlich war. Heute sorgt der Einsatz von Computer Vision und künstlicher Intelligenz (KI) für neue Einsatzmöglichkeiten von Robotern im medizinischen Bereich. Roboter unterschiedlichster Art übernehmen jetzt verschiedene Aufgaben in zahlreichen Bereichen der Gesundheitsversorgung.
Chirurgie-Roboter
Neue Technologien, wie etwa KI, Machine Learning und Computer Vision, unterstützen Chirurgen bei komplexen Operationen – mit Präzision, Geschwindigkeit und Sicherheit auf bislang nicht gekanntem Niveau. In manchen Fällen führen autonome Roboter bestimmte einfache Tätigkeiten automatisch durch, während der Chirurg sie von einem Kontrollraum aus überwacht.
Mit Machine Learning und Computer Vision können Roboter Chirurgen bei komplexen Prozeduren dabei unterstützen, zwischen Gewebearten wie Nerven und Muskeln zu unterscheiden. Manche Roboter können, unterstützt von 3D-Bildgebungsverfahren mit hoher Auflösung, auch kleinere Aufgaben wie etwa das hochpräzise Wundnähen übernehmen.
Beispielsweise kann das im Jahr 2000 von Intuitive Surgical entwickelte da Vinci-System Ärzte bei minimalinvasiven Bypass-Operationen unterstützen. 2003 fusionierte das Unternehmen mit seinem größten Mitbewerber, Computer Motion. Die derzeit vierte da Vinci-Generation bietet 3D-Visualisierung und Handgelenkinstrumente in einer ergonomischen Plattform. Diese gilt als Standard für zahlreiche laparoskopische Prozeduren und wird bei fast 75 Prozent von einer Million Prozeduren pro Jahr eingesetzt. Das Unternehmen konzentriert sich derzeit auf weitere prozedurale Segmente wie etwa die kolorektale, transorale und transanale Chirurgie und stellt physische und Datenplattformen für die Untersuchung chirurgischer Prozesse bereit. So hilft beispielsweise die My Intuitive App des Unternehmens Chirurgen und Klinikmanagern dabei, Trends bei der Chirurgie zu erkennen. Sie sehen, welche Instrumente verwendet werden, wie viele Schulungssitzungen sie hatten und vieles mehr.
Autonome Roboter werden immer intelligenter und werden in Operationssälen zunehmend wichtiger. Für eine kürzlich durchgeführte Studie verwendete eine Gruppe von Chirurgen einen Smart Tissue Autonomous Robot (STAR) zur Durchführung einer vollständig autonomen Gewebeoperation, einer so genannten intestinalen Anastomose.
Exoskelette
Jahr für Jahr erleiden Tausende von Menschen weltweit Unfälle mit neurologischen Verletzungen, die ihre Mobilität vollständig oder teilweise einschränken.
Bei korrekter Behandlung und Mobilitätsunterstützung können viele Patienten ganz oder teilweise wiederhergestellt werden. Sind die Wirbelsäulenverletzungen irreversibel, kann Mobilitätsunterstützung die Lebensqualität erheblich verbessern. Mobilitätsroboter wie Exoskelette können die Genesung nach einer Operation nachhaltig unterstützen.
In den letzten 20 Jahren wurden neue Technologien und Geräte entwickelt, die Menschen mit Mobilitätseinschränkungen helfen können. So können etwa bestimmte Arten von Exoskeletten Patienten dabei helfen, ihre Beweglichkeit oder ihre Handkoordination zurückzuerhalten.
Diese Roboter verändern die Heilungsphase, in der intensive Physiotherapiesitzungen dem Körper dabei helfen, normale Bewegungen neu zu erlernen. Exoskelette unterstützen Patienten körperlich, aber sie fördern auch das Selbstvertrauen, was die Genesung beschleunigt. Leider ist die Technologie für die Mobilitätsunterstützung jedoch kostspielig und nicht überall verfügbar.
In Katalonien arbeitete ein Team der Polytechnischen Universität Barcelona (UPC) in den letzten acht Jahren an der Entwicklung des ABLE Exoskeleton. Das ABLE Exoskeleton ist ein leichtes Gerät für Patienten mit neurologischen Wirbelsäulenverletzungen zwischen Halswirbel C7 und Lendenwirbel L5.
Das derzeitige ABLE-Design nutzt die neuesten Technologien aus den Bereichen Robotik, Elektromotortechnologie, 3D-Druck, Cloud Computing und drahtlose Konnektivität.
Soziale Roboter
In Japan werden schon seit vielen Jahren soziale Roboter, die direkt mit Menschen interagieren, in Kliniken und Pflegeeinrichtungen verwendet. Diese „freundlichen“ Roboter bieten soziale Interaktion und Überwachung.
SARs („Socially Assistive Robots“) können mithilfe verbaler Kommunikation nichtpharmakologische Interventionen unterstützen, etwa die Pflege dementer Personen. Die verbale Kommunikation mit Demenzpatienten kostet Zeit und Mühe – ein Roboter kann so lange wie nötig bei einem Patienten bleiben, ihm Gesellschaft leisten und mit ihm interagieren.
Heute werden Roboter aufgrund ihrer nachgewiesenen Vorteile bei Behandlung und sozialer Interaktion bereits in vielen Ländern eingesetzt, besonders in der Altenpflege. Die Roboter können Patienten an die Einnahme ihrer Medikamente erinnern und sie durch kognitiven Einbezug mental agil halten. Der Hauptvorteil von SARs besteht heute darin, dass sie Pflegepersonal entlasten, indem sie Patienten autonom unterstützen können.
Ein Beispiel dafür ist Pepper, ein von Softbank Robotics gebauter humanoider Roboter – der erste soziale Roboter, der Gesichter und elementare menschliche Emotionen erkennen kann. Pepper ist 120 cm hoch und verfügt über vier Mikrofone im Kopf, zwei HD-Kameras im Mund und an der Stirn sowie einen 3D-Tiefensensor hinter den Augen.
Pepper kann verschiedene einfache Aufgaben erledigen, etwa die Anleitung zu gymnastischen Übungen oder Interaktionen mit älteren Menschen, die nicht mehr gut mit anderen sprechen können. Allerdings muss Pepper von einer Pflegekraft überwacht werden, die mit seiner Bedienung vertraut ist.
Serviceroboter
Ein weiterer alltäglicher Einsatzbereich für Roboter im Gesundheitswesen ist die Unterstützung bei logistischen Routinearbeiten wie Reinigung, Nachverfolgung von Verbrauchsgütern, Auffüllen von Schränken, Transport von Gerätschaften innerhalb der Einrichtung usw.
Der TUG Robot von Aethon ist ein Serviceroboter, der genau dies tut. TUG kommt mit komplexen und wechselnden Umgebungen zurecht und kann Bettwäsche in sicherer Weise in Krankenhausabteilungen bringen – nach Zeitplan und Bedarf.
Serviceroboter können auch bei Reinigung und Desinfektion helfen. In Gesundheitseinrichtungen sind Hygiene und Reinheit extrem wichtig, zum Beispiel in Krankenhäusern. Seit Beginn der COVID-19-Pandemie wurden in vielen Ländern bestehende Technologien wie Robotik und KI genutzt, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.
Die Roboter können ultraviolettes (UV-)Licht, Wasserstoffperoxiddämpfe oder Luftfilterung verwenden, um Infektionen zu reduzieren und erreichbare Stellen in einheitlicher Weise zu desinfizieren. Ein von dem Startup-Unternehmen Akara entwickelter Prototyp eines autonomen mobilen Roboters wird derzeit für eine dieser Routine- (aber äußerst wichtigen) Aufgaben getestet: die Desinfektion kontaminierter Oberflächen mit UV-Licht. Dabei geht es darum, Krankenhäuser bei der Desinfektion von Räumen und Gerätschaften zu helfen und so den Kampf gegen das Virus zu unterstützen.
Die Zukunft der Robotik im Gesundheitswesen
Im Zuge der weiteren Fortschritte bei Machine Learning, Datenanalyse, Computer Vision und anderen Technologien werden medizinische Roboter Aufgaben immer autonomer, effizienter und präziser durchführen können.
Roboter im Gesundheitswesen verwenden jetzt hochmoderne Bildgebung sowie Augmented und Virtual Reality für Trainings- und Überwachungsprozeduren. Neue Simulationsplattformen helfen Chirurgen bei der Planung von Operationen und beim Üben komplexer Vorgänge, bevor diese an Patienten durchgeführt werden.
In vielen Ländern leidet das Gesundheitswesen unter Personalmangel. Staatliche Gesundheitssysteme und private Anbieter haben immer größere Schwierigkeiten, ausreichend Ärzte und Pflegekräfte zu finden.
Es ist durchaus vorstellbar, dass Roboter in naher Zukunft bei manchen Aufgaben, wie etwa der Diagnose, einfachen chirurgischen Eingriffen und der täglichen Pflege, Ärzte und Pflegekräfte vollständig ersetzen. Bevor wir Gesundheitsdienstleister durch Maschinen ersetzen, müssen wir jedoch den menschlichen Faktor und alle Auswirkungen aus soziologischer Sicht berücksichtigen. Damit diese Zukunftsvision Wirklichkeit werden kann, müssen auch zahlreiche bestehende Vorschriften geändert werden.
Wenn Roboter immer leistungsfähiger und komplexer werden, werden wir in unserem Alltag immer häufiger mit ihnen interagieren – auch in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen.