Spezielle Design-Herausforderungen bei Hochspannungs-EV-Steckverbindern

Elektrische Anschlüsse für leistungsstarke Anwendungen für Elektrofahrzeuge müssen zur Erzeugung des für den Antrieb elektrischer Fahrzeuge benötigten Stroms dauerhaft hohen Spannungen und Stromstärken standhalten.

Die Motorleistung wird im Allgemeinen in Pferdestärken (PS) gemessen, was 750 Watt an elektrischer Leistung entspricht. Ein 100-PS-Motor eines Elektrofahrzeug benötigt für die gleiche Leistung 75 kW Strom. Ein Hochleistungselektrosportwagen kommt leicht auf einen Bedarf von über 300 kW Strom. Bei einem 750-V-Stromwandler wären dies 400 A; die variable Phasenausrichtung der angelegten Spannung mit dem angelegten Strom wäre hierbei noch gar nicht berücksichtigt. Genau genommen handelt es sich bei der Leistungsgleichung um ein komplexe Berechnung mit rotierenden Vektoren.

Angesichts dieser Hochspannungs- und Stromversorgungsanforderungen in Bezug auf typische elektrische Anschlüsse in Fahrzeugen sind noch einige Probleme zu lösen, bevor ein zuverlässiger hochleistungsfähiger Steckverbinder in Elektrofahrzeugen realisierbar ist.


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Abbildung 1: für Elektrofahrzeuge geeigneter Hochspannungs- und Hochstrom-Kabelbaum-Steckverbinder und -Header (Quelle: Molex)

Wärmemanagement

Eine hohe Stromstärke führt zu Leistungsverlusten, welche zum Kontaktwiderstand zwischen den Passflächen des Steckverbinders proportional sind. Wenn der Kontaktwiderstand am Steckverbinder nur 1 mΩ beträgt, so würde bei einer Stromstärke von 400 A ein Leistungsverlust von 160 Watt (I2R) in Form zusätzlicher Wärme am Steckverbinder entstehen.

Steckverbinder in Automobilen müssen hohen Temperaturschwankungen zwischen -40° C und 105° C.  standhalten. In der Steckverbinderbranche wird der anwendungsbedingte Temperaturanstieg an den Anschlüssen auf 30° C begrenzt, damit die mechanische Toleranz durch die temperaturbedingte Ausdehnung des Materials nicht überschritten wird.

Ein Leistungsverlust von 160 W kann einen Temperaturanstieg verursachen, wenn sich die Hitze nicht effektiv über den Steckverbinder an die Umgebung ableiten lässt.  Der Anschluss in Abbildung 1 ist auf einen Kontaktwiderstand unter 50 µΩ ausgelegt; das entspricht 1/20 des Widerstands im obigen 1 mΩ-Beispiel.

Kontaktwiderstand

Der Kontaktwiderstand lässt sich als Funktion der Kraft beschreiben, welche die zwei verbindenden Komponenten eines Anschlusses zusammendrückt. Hohe Kompressionskräfte führen zu einer hohen Einfügungskraft, die in modernen Automobilproduktionsumgebungen unerwünscht ist. Aus diesem Grund setzen Hersteller verschiedene Schmiermittel zum Schutz der Kontaktoberfläche und zur Senkung der Einfügungskraft ein. Form, Design, Material und Plattierung der Anschlüsse sind ebenfalls wichtige Design-Aspekte bei der Reduzierung der Einfügungskraft. 

Hohe Spannungen können ein Phänomen herbeiführen, welches auch als dendritisches Wachstum bezeichnet wird, bei dem durch die Kraft des elektrischen Potenzials zwischen den Steckverbinderanschlüssen bestimmte Metallionen dazu angeregt werden, von einer physischen Position in eine andere zu wechseln. Metallmigration kann im Endeffekt einen Kurzschluss zwischen den Steckverbinderanschlüssen verursachen. Um dies zu verhindern, müssen die Metallverbindungen zur Plattierung der Anschlüsse sorgfältig ausgewählt werden.

Hohe Spannungen können aufgrund der Beeinträchtigung der isolierenden Eigenschaften der Kunststoffe und Luft bei Feuchtigkeit und anderen Verunreinigungen in der Umgebung auch zu Lichtbogenüberschlägen zwischen den Anschlüssen und den Verbindungen führen. Um diese Effekte zu vermeiden, sind größere mechanische Abstände der Kontakte im Verhältnis zum Erdschluss in der Konstruktion erforderlich. Dies wird oft auch als die erforderliche Luft- und Kriechstrecke bezeichnet.

Raum und Gewicht von Elektrofahrzeugen

Mechanische Größenanforderungen können dazu führen. dass die EV-Steckverbinder größer und schwerer als gewünscht ausfallen, was dem branchenweiten Trend hin zu kleineren, leichteren und sparsameren elektronischen Steuerungen und Steckverbindern zuwiderläuft. Die zur Leitung hoher Spannungen erforderliche Größe und Masse ist eine der wesentlichen Herausforderungen beim Design von EV-Steckverbindern.

Die Metallkabel in EV-Anwendungen müssen eine hohe elektrische Leitfähigkeit und einen hohen Wirkungsgrad aufweisen.  Diese bestehen meist aus Kupfer, einem preiswerten, gut leitfähigen und biegbaren (und dadurch bei der Installation flexiblen) Material, welches zudem ein guter Wärmeleiter ist. Allerdings ist Kupfer auch relativ schwer. 

Viele Faktoren wie die Zusammensetzung der Legierung, die Glüheigenschaften, Litzenanzahl und -größe und die Frequenz des geleiteten Signals wirken sich auf die Ampere-Kapazität eines Kabels aus. Gemäß Standardbranchentabelle führt ein 4/0 (0000)-Kupferkabel 380 A Strom im Freien. Das Kupfer im Kabel ist ca. 1,524 cm dick. Große Mengen Kupfer in Kombination mit der erforderlichen Schutzisolation können unflexibel und schwer sein.

Mechanische Last, EMS/EMR

Während des Fahrzeugbetriebs kann die Bewegung größerer Kupferkabelmassen zu Vibrationsbelastungen am Steckverbindergehäuse zur Kabelbefestigung, dem Gehäuse der Leistungselektronik und den Steckverbinderanschlüssen führen. Fahrzeuganwendungen, bei denen stromführende Komponenten Fahrbahnvibrationen und Umwelteinflüssen wie Staub, Wasser, Lösungsmitteln und Dampfreinigern ausgesetzt sind, erfordern Strategien für beständige Schutzabdichtungen um das Kabel und den Steckverbinder der Schnittstelle des stromversorgenden Gehäuses. Mit dem Design sollen Verunreinigungen aus der Umwelt vom Gehäuse der Leistungselektronik abgehalten werden und dafür gesorgt werden, dass während des Fahrzeugbetriebs auftretende Belastungen keine Beschädigungen am Steckverbindergehäuse, Stromversorgungsgehäuse, an den Klemmen oder am Kabel verursachen.

Bei all diesen Herausforderungen gilt, dass die meisten EV-Anwendungen den dem Motor zugeführten Strom per Pulsbreitenmodulation (PMW) steuern, bei der hohe elektromagnetische Strahlungs- und Leitungsemissionen entstehen. Das Kabel muss (meist durch ein geerdetes Geflecht) abgeschirmt sein, damit andere wichtige elektrische Signale am Fahrzeug nicht beeinträchtigt werden. Die Qualität der Verbindung zwischen dem abschirmenden Geflecht und der Masse des Leistungselektronikgehäuses ist für die Systemleistung insgesamt entscheidend.

Zuverlässigkeit während des gesamten Lebenszyklus

In jeder Phase des EV-Designs stellt die Zuverlässigkeit auf lange Sicht eine Herausforderung dar. Dies gilt sogar für die Anschlussverbindungen der großen Kupferkabel. Über Jahrzehnte wurden Anschlüsse für große Kupferkabel vorzugsweise durch Crimpen des Kabelschuhs auf das Kabel hergestellt. Beim Crimpen wird eine hohe Belastung auf den Klemmenkörper ausgeübt, der dadurch verformt wird und das Kabel fest umgibt. In EV-Systemen wird in Impulsen Hochleistung durch die Verbindung zwischen Kabel und Steckverbinderanschluss geführt. Der Zyklus aus lokaler Erwärmung und Abkühlung von Schnittstelle und Verbindung führt zu kleinsten Ausdehnungen und Komprimierungen des Materials. Während der Abkühlung nimmt das Material oft nicht mehr genau seine ursprünglichen Abmessungen an.

Mehrere Tausend Betriebsstunden können langfristig zur Abnutzung des Kontaktwiderstands zwischen Kabel und Klemme führen, welche schließlich zu einem Verbindungsausfall führen kann, der einen Austausch des Kabels bzw. der Klemme erfordert. 

Hohe Vibrationen in der Fahrzeugumgebung können Probleme zwischen Stecker- und Buchsen-Steckverbinderanschlüssen verursachen. Wenn so große Massen beteiligt sind, können Position, Standort und Aufbau von EV-Kabeln eine Übertragung der Fahrbahnvibrationen entlang der Länge des Kabels bewirken und dadurch die Schnittstellenintegrität zwischen den beiden Hälften der Steckverbinderanschlüsse beeinträchtigen. Reines Kupfer korrodiert Schnell. Je nach Schutzplattierung der Anschlüsse kann vibrationsbedingter Abrieb zu mikroskopischen Abnutzungen und Oberflächenkorrosion an den Stecker- und Buchsenanschlüssen führen. Wenn die Dicke der Anschlussplattierung nicht präzise bemessen ist, kann der Kontaktwiderstand zwischen den beiden Anschlusshälften zu einer Abnahme der Steckverbinderleistung und der Zuverlässigkeit insgesamt führen.

Sicherheit von Hochleistungs-EV-Steckverbindern

Im Fahrzeugdesign spielt die Sicherheit immer eine große Rolle, insbesondere wenn hohe Spannungen und Stromstärken im Spiel sind. Laut UI sind Spannungen erst ab 60 VDC als so gefährlich einzustufen, dass spezielle Sicherheitsvorkehrungen vor versehentlichen Berührungen mit den Steckverbinderstiften erforderlich sind. Ab diesem Schwellwert nimmt der interne Widerstand (die Impedanz) des menschlichen Körpers gegenüber dem elektrischen Strom langsam ab, sodass dieser ungebremst durch den Körper geleitet wird und zu Verletzungen oder sogar zum Tod führen kann. Aufgrund dieser erheblichen Risiken muss bei der Entwicklung von Hochspannungs-EV-Steckverbindern der Sicherheit von Benutzern und Produktionsmitarbeitern höchste Priorität eingeräumt werden.

Mit einem Hochspannungs-Verriegelungs (HVIL)-Schaltkreis und die Umsetzung der Anforderungen für berührungssichere Verbindungen sind wesentliche Voraussetzungen zur Optimierung der EV-Steckverbindersicherheit. Ein HVIL-Schaltkreis ist ein in das Steckverbinder-Design integrierter separater geschlossener Schaltkreis mit der Steckverbinderart MLBF. Während ein EV-Steckverbinder getrennt wird, erkennt der HVIL-Schaltkreis vor der endgültigen Trennung des Anschlusses die Bewegung und sendet ein Signal an die Leistungselektronik zur Entladung der am Anschluss vorhandenen Spannung unter 60 V. Dies muss in der Regel innerhalb einer halben Sekunde nach Erkennung der Anfangs der Verbindungsunterbrechung zur Leistungselektronikeinheit durch den HVIL. Dies bewirkt im Idealfall, dass nach Trennung des Anschlusses keine hohen Spannungen mehr an den EV-Steckverbindern vorhanden sind.

Als weitere Sicherheitsvorkehrung muss in mechanischen EV-Designs Isoliermaterial zwischen den elektrischen Kontakten und potenziellen Berührungspunkten für Menschen vorhanden sein.l Die mechanischen Abmessungen des Materials sind so klein, dass ein Kontakt mit der elektrischen Spannung am Metallanschluss mit dem Finger nicht möglich ist, falls noch gefährlichen Spannungen vorhanden sind. Eine Herausforderung in den Designs von EV-Steckverbinderanschlüssen sind isolierende Schutzabdeckungen um Anschlüsse, welche so klein sind, dass sie mit dem Finger nicht berührt werden können, die aber hinreichend große Metallanschlüsse zulassen, welche effizient Hochspannung führen können.

 

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