Die vernetzten und autonomen Fahrzeuge von heute sind gespickt mit Elektronik und Computerleistung zur Ausführung von Fahrassistenzfunktionen. Diese Geräte verbrauchen nicht nur viel Energie, sondern machen das Auto auch schwerer.
Im Jahr 2005 enthielt „Standley“, der Sieger der originalen Darpa-Challenge für autonome Fahrzeuge, fünf dachmontierte LIDAR-Einheiten der Sick AG, ein internes Führungssystem mit Gyroskopen und Beschleunigungsmessern, eine Videokamera zum Beobachten von Fahrbedingungen in bis zu achtzig Metern Entfernung (jenseits der Reichweite von LIDAR) sowie sechs Computer auf Basis des Intel Pentium M im Kofferraum. Mit dieser Ausrüstung konnte „Standley“ eine vordefinierte, 150 Meilen lange Strecke durch die Mojave-Wüste selbstständig befahren.
Als modifizierte Version des europäischen Volkswagen Touareg hatte der Wagen einen Dieselmotor. Als Elektroauto mit heutigen Batterien hätte er höchstens ein paar Meilen zurücklegen können, weil die Bordsystem die Batterien in wenigen Minuten entladen hätten.
Heute, 17 Jahre später, hat ein vernetztes Fahrzeug mit Advanced Driver-Assistance System (ADAS) Level 2 zur Durchführung einiger autonomer Aufgaben wie Spurwechselwarnung, Notbremsung und Einparkhilfe 100x so viel Rechen- und Sensorleistung und braucht nur einen Bruchteil der Energie.
Die Einführung rein elektrischer Fahrzeuge stellt die Elektronikbranche vor eine weitere Herausforderung. Im Gegensatz zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nutzen EVs die in ihren Batterien gespeicherte Energie für alles, auch die Bordelektronik. Diese verbraucht – neben dem eigentlichen Elektromotor – einen großen Teil der Energie, was wiederum die EV-Reichweite verringert.
Außerdem verbessern Autohersteller ständig ihre EVs mit mehr Funktionen, wie etwa weiteren ADAS-Funktionen, Infotainmentausrüstung und zusätzlicher Komfortausstattung. All dies erhöht wiederum den Energieverbrauch.
Konnektivitätsfunktionen allein tragen erheblich zum Energieverbrauch bei. Ein vernetztes Automobil, ohne autonome Funktionen, könnte täglich mehrere Gigabyte Daten über Mobilfunknetze senden und empfangen. Schätzungen zufolge könnte ein Auto mit grundlegenden Assistenzfunktionen gemäß ADAS Level 1 mehr als 100 Terabyte Daten in weniger als fünf Jahren austauschen, hauptsächlich zum Aktualisieren von Karten und Übertragen von Sensordaten. Ein vollständig autonomes Fahrzeug wird mit 5G-Netzwerken und Kommunikation gemäß C-V2X über fünf Terabyte Daten innerhalb von 24 Betriebsstunden übertragen.
Reduzierung der Fahrzeugfähigkeiten ist keine Option
Die Investition in kleinere Elektronikbauteile und verbrauchsärmere Computergeräte ist notwendig, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Zusätzlich sollte effizientes Edge-Computing die Notwendigkeit zum Hochladen massiver Daten in die Cloud reduzieren und damit die Nutzung stromhungriger Mobilfunkverbindungen verringern.
Die heutigen vernetzten Elektrofahrzeuge enthalten ein Arsenal von Sensoren zur Erfassung der Umgebung und zusätzliche Kommunikationsfunktionen zur Verbindung mit anderen Fahrzeugen (V2V) und mit der Straßeninfrastruktur (V2X). Selbst die einfachsten Ausstattungsstufen enthalten Näherungssensoren zur Unterstützung beim Einparken und Rangieren auf engem Raum. Höherwertige Modelle besitzen auch mehrere Kameras zur Erkennung anderer Fahrzeuge und Infrastrukturobjekte in ihrem Umfeld. Und Autos mit fortschrittlichen ADAS-Funktionen haben auch weitere Sensoren wie beispielsweise Radar und LiDAR.
Zum Glück haben sich diese Elektronik-Subsysteme wesentlich schneller weiter entwickelt als die Fahrzeugtechnik selbst. Eine derzeitige LiDAR-Einheit von Velodyne kann mehrere Millionen Datenpunkt pro Sekunde erfassen und damit eine genaue Abbildung der vorausliegenden Fahrbahn erzeugen. Im Vergleich zur Ausstattung bei der Darpa-Challenge lässt sich ein Velarray H800 problemlos hinter der Windschutzscheibe von Lkws, Bussen oder Pkws unterbringen und verbraucht weniger als 5 % der Energie.
Die Entwicklung von Elektronik und Prozessoren an Bord verläuft mit Computergeschwindigkeit
Unternehmen wies Nvidia, Arm, NXP, Infineon, Qualcomm und viele andere haben hohe Investitionen in die Automobilindustrie getätigt. In dem Maß, wie Autos zu Computern auf Rädern werden, ist die Optimierung und Verkleinerung ihrer CPUs bei gleichzeitiger Leistungssteigerung unverzichtbar, um den Energieverbrauch zu reduzieren.
Kürzlich stellte Arm seine als Scalable Open Architecture for Embedded Edge (SOAFEE) bezeichnete Architektur vor. Es handelt sich um eine heterogene Computerumgebung, die für den Automobilbereich innerhalb eines für ADAS level 4 und 5 erforderlichen Energieleistungsfensters entwickelt wurde. Das ganze System ist als SoC ausgelegt, das nur wenig oder gar keine externe Kühlung erfordert. Letztes Jahr kündigte Nvidia seine Atlan Autonomous Vehicle Platform an. Der SoC der nächsten Generation erreicht über 1.000 Billionen Operationen pro Sekunde (TOPS) auf einem einzigen Chip.
Dies sind nur einige wenige Beispiele dafür, wie schnell sich die Computerverarbeitung in der Automobilbranche entwickelt. Dieses neue Niveau der Computerleistung, das sich leicht unter dem Armaturenbrett unterbringen ließe, ermöglicht die Onboard-Verarbeitung aller Fahrzeugsensoren und anderer Subsysteme, wodurch keine Informationen in die Cloud hochgeladen werden müssen.
Derzeitige und künftige autonome Fahrzeuge könnten ohne jede externe Unterstützung fahren, mit Ausnahme ihrer lokalen Kommunikation mit anderen Fahrzeugen und der Fahrbahninfrastruktur.
DC-Laden könnte die Bordelektronik weiter reduzieren und schnelles Laden ermöglichen.
Personen, die ihre Elektroautos zu Hause aufladen, verwenden am häufigsten wandmontierte AC-Ladestationen. Leider bedeutet der Anschluss eines Elektrofahrzeugs an eine AC-Ladestation, dass die erforderliche Umwandlung in die zum Laden der Batterien erforderliche Gleichspannung im Fahrzeug selbst erfolgt.
Zum schnellen Laden eines Elektrofahrzeugs muss dieses an eine Schnellladestation mit Gleichspannung angeschlossen werden. Heute hat die Infrastruktur für Schnellladestationen auf Firmenparkplätzen, in der Stadt, auf Autobahnen und an einigen traditionellen Tankstellen unterschiedliche Steckverbinder, einschließlich AC und DC.
Es wäre ein echter Game-Changer, wenn die Hersteller von Elektrofahrzeugen die AC-Umwandler wegließen und EV-Besitzer auch zu Hause mit Gleichstrom laden könnten.
Firmen wie beispielsweise Wallbox verkaufen jetzt eine häusliche Lösung zum DC-Laden. Mit einem CHAdeMO-Steckverbinder bietet das von Wallbox angebotene Ladesystem Quasar 2 das DC-Laden mit 11,5 kW. Damit kann die Fahrzeugbatterie bei einem Stromausfall sogar das Haus versorgen. Ein vollständiges geladenes Elektroauto mit einer Kapazität von 75 kWh kann beispielsweise den grundlegenden Strombedarf eines Privathaushalts für mehr als eine Woche decken. Weitere Informationen zum EV-Laden finden Sie im Beitrag Wie On-Board-Ladegeräte und schnelle Gleichstrom-Ladegeräte die Reichweitenangst bei Elektrofahrzeugen überwinden.
Hersteller von Elektrofahrzeugen müssen beginnen, wie Computerunternehmen denken
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor werden überall auf der Welt zurückgedrängt. Wenn EV-Hersteller diesen Trend für sich zu nutzen wollen, müssen sie eng mit den Technologieunternehmen zusammenarbeiten, die Bordelektronik, Mobilfunkinfrastruktur, Ladestationen und Cloudservices anbieten.
Das Optimieren der vorhandenen Elektronik reicht nicht aus. Autohersteller müssen ihre Produktionslinien an die Flexibilität des Elektronikdesigns anpassen. Es würde ihnen helfen, neuere Technologien schnell für sich zu nutzen und bei Beschaffungsschwierigkeiten einzelner Komponenten die Nachteile ihrer Lieferkette besser zu handhaben. Die heutigen Elektrofahrzeuge sind eher Computer und Batterien auf Rädern als reine Transportsysteme. Autohersteller müssen unkonventionell denken und diese unaufhaltsame Realität zur Kenntnis nehmen.