Piezoelektrische Sensoren blühen unter Belastung auf;Sorglose Benutzer

Piezo Sensors
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Piezoelektrische Materialien gehören zu den ältesten materiellen Komponenten aus den Ingenieursbaukästen. Der piezoelektrische Effekt wurde 1880 durch den französischen Physiker Pierre Curie und seinen Bruder Jacques entdeckt. Sie fanden heraus, dass bei der Ausübung einer Belastung (Druck) auf einen Kristall oder ein Keramikmaterial, oder sogar auf Knochen, das Material proportional zu dieser Belastung eine erkenn- und wiederholbare Spannung erzeugt (Abbildung 1a). Schon bald danach konnten sie auch den umgekehrten Effekt nachweisen - wenn eine Spannung an einen Kristall angelegt wird, findet eine geringe Formveränderung oder Dehnung statt (Abbildung 1b).

Diese zwei Prinzipien haben Eingang in viele Anwendungen gefunden, die bekannteste ist die eines Quarzes als Resonanzelement in einem Oszillator-Schaltkreis. Piezomaterialien werden auch als Stellglieder verwendet, die zu präzisen Nanometer-Schritten angeregt werden können, zum Beispiel für den Betrieb von Mikromotoren verschiedener Anwendungen, von hochtechnischen wissenschaftlichen Instrumenten bis zum Autofokus bei Kameras für den Massenmarkt.  

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Abbildung 1: Der piezoelektrische Effekt hat eine doppelte Natur: a) Die Belastung eines Kristalls bringt diesen zur Erzeugung einer Spannung, während b) eine an den Kristall angelegte Spannung dessen Formveränderung bewirkt, beides ein einer vorhersagbaren und wiederholbaren Beziehung zueinander. (Quelle: Seiko Epson Corp.) 

Selbst ein gasbefeuerter Grill verfügt über ein piezoelektrisches Element in Form eines eingebauten Kristalls, der einen Funken von mehreren hundert Volt erzeugt, wenn man einen Knopf drückt, der diesen Kristall zusammenpresst. Dieser Funken zündet das Gas und erzeugt die Flamme (die Stromstärke ist dabei so gering, dass keine Verletzungsgefahr besteht).

Da sie eine kristalline Struktur haben, sind viele piezoelektrische Materialien ziemlich hart und somit belastbar, ohne ihre Grundeigenschaften zu verlieren oder auszufallen. Aus diesem Grund werden sie oft als Wandler für die Messung physikalischer Parameter bezogen auf einen Druck verwendet, wozu der Druck selbst gehört, aber auch die mit ihm verbundenen Erscheinungen: Beschleunigung, Impakt, Höhe (Luftdruck) und Vibration. Je nach Material halten diese Sensoren bei ihrer Arbeit Beschleunigungen von mehreren Tausend g aus.

Piezo-Geräte als Dehnungssensoren

Als einfacher Wandler ist eine piezo-basierte Einheit sehr einfach und robust, sie hat aber nur einen einzelnen elektrischen Aspekt. Durch die ihr eigene hohe elektrische Impedanz kann sie nur dann ein ausreichend starkes Signal an die elektronische Schaltung liefern, wenn auch die Signalverarbeitungsschnittstelle eine sehr hohe Impedanz hat. Diese Impedanzübereinstimmung ist eine Konsequenz des Energieübertragungsgesetzes, nachdem die Impedanz einer Quelle und ihrer Last „konjugiert komplex” sein müssen, um eine maximale Energieübertragung zu gewährleisten. [Beachten Sie, dass es die gleiche Überlegung auch in anderen Zusammenhängen gibt, auch bei einem HF-Leistungsverstärker zum Betreiben einer Antenne, oder bei einer Antenne angeschlossen an einen rauscharmen Verstärker (LNA) als drahtloses System.]

Eine Möglichkeit, diese Schnittstellenanforderungen zu erfüllen, besteht darin, den Piezo-Sensor an einen Sperrschicht-Feldeffekttransistor (JFET) anzuschließen. Dieses separate Gerät hat meist eine Eingangsimpedanz von mindestens 1 GΩ (109 Ω) und eine Bandbreite im hohen kHz-Bereich oder darüber, die für HF-Schwingungsmessungen verwendet wird. Die Verwendung eines JFET ist zwar machbar, stellt jedoch nur eine unvollständige Lösung für die gesamten Schnittstellen-Schaltkreis-Anforderungen dar. Der JFET muss korrekt polarisiert sein und erfordert häufig einen zusätzlichen Temperaturausgleich, um in nicht kontrollierten oder instabilen Umgebungen Präzision und Stabilität zu garantieren.

Daher verwenden viele Entwickler lieber einen Operationsverstärker mit hoher Impedanz, beispielwsweise das Modell TLV2771 Series von Texas Instruments (Abbildung 2). Dieser Operationsverstärker am CMOS-Eingang bietet 360 mV Eingangsoffsetspannung, 17 nV/√Hz Eingangsrauschspannung und 2 pA Eingangs-Bias-Strom – geeignete Spezifikationen, wenn in Medizin, Wissenschaft oder Industrie für hochpräzise Messungen mit hoher Auflösung ein piezoelektrischer Wandler eingesetzt wird.

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Abbildung 2: Der Operationsverstärker am CMOS-Eingang TLV2775 von Texas Instruments ist bestens für den Einsatz in Frontend-Signalaufbereitungsschaltungen für Hochimpedanzquellen wie piezoelektrische Wandler geeignet. (Quelle: Texas Instruments)

Obwohl der Schaltkreis, der diesen Operationsverstärker nutzt, weiterhin einige Komponenten zur Unterstützung benötigt, ist das Gesamtdesign der Schaltung einfacher und die Position weniger kritisch als bei alleiniger Verwendung des JFET. Dies ist wichtig, da Hochimpedanzschaltkreise sehr anfällig für geringfügige Design- und Konfigurationsprobleme sein können.

Um die Integration noch zu verstärken, können alternativ Geräte mit MEMS-Technologie verwendet werden, die einen piezoelektrischen Sensor und die entsprechenden Leitungen in einem einzigen Paket nutzen. Das Modell Freescale MPL3115A2 (Abbildung 3) vereint in einem 3 mm × 5 mm × 1,1 mm großen Gerät mit geringer Stromaufnahme und hoher Präzision einen Höhenmesser, ein Barometer und ein Thermometer mit Digitalausgang. Das komplette Gerät umfasst einen Drucksensor, analoge und digitale Signalverarbeitung und eine I2C-Schnittstelle, und bietet einen Arbeitsbereich von 50 bis 110 kPa bei einer Auflösung von 20 Bit.

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Abbildung 3: Der piezoelektrsche Drucksensor Freescale MPL3115A2 umfasst ein analoges Frontend, einen A/D-Wandler und eine serielle Schnittstelle sowie einen Temperatursensor. Er verwendet die herkömmliche Wheatstone-Brückenkonfiguration mit mehreren Elementen, um hohe Empfindlichkeit und Genauigkeit zu gewährleisten. (Quelle: Freescale Semiconductor)

Durch die interne A/D-Funktion und die I2C-Schnittstelle minimiert das Gerät den Umwandlungs- und Rechenaufwand für die entsprechenden Mikrocontroller. Diese Spezialeinheit ist für Drucksignale geeignet, die sich relativ langsam ändern, beispielsweise durch Wetterumstellungen oder Änderungen der Höhenlage. Schnelle Umwandlungen und Aktualisierungen, die zu einem höheren elektrischen Energieverlust führen würden, sind daher nicht erforderlich. Das interne 12-Bit-Thermometer des MPL3115A2 kann natürlich für grundlegende Temperaturmessungen verwendet werden, bei Bedarf aber auch für die Implementierung der Temperaturkorrekturen von Sensorergebnissen. 

Anstatt nur ein Piezo-Element zu verwenden, nutzt diese Komponente eine Wheatstone-Brückenkonfiguration mit mehreren Elementen. Diese herkömmliche Sensortopologie ermöglicht genauere Messungen der relativ geringen Druckänderungen und gewährleistet Reproduzierbarkeit und Präzision. Geräte wie dieser hochintegrierte Sensor mit integrierter Elektronik werden in verschiedensten Anwendungen eingesetzt, beispielweise für interne Reifendruckmessungen (die durch die neuesten Fahrzeugsicherheitsstandards vorgeschrieben sind). 

Piezo hilft bei der Ernte

In den letzten Jahren werden piezoelektrische Sensoren häufig für eine Aufgabe eingesetzt, die sich stark von ihrer ursprünglichen Funktion der Druckmessung für Test- und Messanwendungen unterscheidet. Stattdessen wird der piezoelektrische Effekt für die Energieernte in Systemen genutzt, die keine unabhängige Energiequelle haben oder bei denen ein Batteriewechsel unmöglich oder unerwünscht ist. 

Die Anwendung als Energieerntequelle unterscheidet sich stark von der Verwendung als Druckwandler, bei der die Herausforderung darin besteht, winzige elektrische Signale präzise zu erfassen. Im Gegensatz dazu besteht hier die Schwierigkeit darin, die elektrische Energie, die das Piezo-Gerät aus zufälligen Umgebungsschwingungen erzeugt, zu erfassen, zu speichern und nach Bedarf abzugeben. Diese Schwingungen stehen in nahezu jeder Anlage mehr oder weniger zur Verfügung, beispielsweise in Fahrbahnen, Brücken, Bäden, Motoren und selbst Schuhen. Genauigkeit, Präzision, Linearität und temperaturbedingter Drift – die herkömmlichen Maßstäbe der Datenerfassungsleistung – sind hier nicht relevant. Allein die Effizienz zählt.

Die Ausgangsenergie des Piezo-Geräts einzufangen, mag nicht sehr schwierig erscheinen, dieser Eindruck täuscht jedoch. Die zufälligen Energieschübe sind winzig und können durch Schaltkreisverluste bei Strompfaden mit niedriger Impedanz oder Verlusten in den Erfassungs-/Speicherungsleistungen leicht verloren gehen. Die gesamte vom Piezo-Sensor erfasste Energie muss umgehend zu einem Speicherelement wie einer Batterie oder einem Kondensator geleitet werden, damit sie nicht verloren geht. Schließlich muss die gespeicherte Energie sorgfältig bemessen und an die Last (den Schaltkreis, den der Harvester antreibt) weitergeleitet werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass das Speicherelement nicht so weit entleert wird, dass das Auffüllen zu lange dauern würde (das Auffüllen eines nahezu leeren Speichers hat weitere Auswirkungen auf Effizienz und Verluste).

Trotz dieser Probleme haben Anbieter von analogen ICs und Energiemanagement-ICs die Chance erkannt, piezoelektrische Sensoren als kostengünstige, zuverlässige, langfristige Quelle kostenloser Energie zu nutzen. Das Modell LTC3588 von Linear Technology Corp. (Abbildung 4) erntet energiearme, zufällige Energieschübe von Piezogeräten. Es umfasst einen verlustlosen Vollweg-Brückengleichrichter mit hoch effizientem Abwärtswandler und bietet eine vollständige Energieerntelösung. 

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Abbildung 4: Der Einsatz von Piezo-Geräten für die Energieernte erfordert eine völlig andere Schnittstelle als bei der Verwendung als Druckdatenquelle. Das Modell LTC3588 von Linear Technology erfasst die zufälligen, durch Schwingungen erzeugten Energieschübe, leitet sie zu einem Speicherelement weiter (z. B. einen Kondensator) und verwaltet dann den von der Last aufgenommemen Strom. (Quelle: Linear Technology)

Das Gerät LTC3588 bietet eine Lösung für das alte Dilemma „Wer war als erstes da – die Henne oder das Ei?“, das bei dem Versuch auftritt, Energie einer zufälligen Quelle zu ernten. Dieses Dilemma kann folgendermaßen beschrieben werden: Der Schaltkreis und das Speicherelement können die geerntete Energie nicht erfassen und speichern, bevor die entsprechende IC für den Eigenbetrieb genug Energie hat. Das System kann diese Energie jedoch nicht speichern, bevor die Leitungen funktionsbereit sind. Weiterhin gilt: Während das Speicherelement versucht, den Speicher zu „füllen“, kann die Last den Strom aufnehmen, so dass die Energiemenge unter dem Schnitt nicht anwächst. Diese Situation kann mit einem Loch in einem Eimer verglichen werden, das so groß ist, dass der Füllschlauch den Eimer einfach nicht voll bekommt.

Die im Modell LTC3588 eingebaute Lösung besteht in einem ULVO-Modus (Undervoltage Lockout Mode) mit einer besonders geringen Stromaufnahme und einem großen Hysteresefenster. So kann die Last an einem Eingangskondensator Energie ansammeln, die jedoch nicht verwendet wird, bis der Abwärtswandler einen Teil der gespeicherten Energie zum Ausgang übertragen kann. Fü die Lastschiene können Benutzer über PIN-Wahl eine von vier Ausgangsspannungen auswählen (1,8 V, 2,5 V, 3,3 V und 3,6 V). Die IC kann bis zu 100 mA aus der Speicherbatterie bzw. dem Kondensator liefern, was für die geringe Einschaltdauer bzw. den niedrigen Energiebedarf zahlreicher IoT-Geräte ausreicht. Passend zu den sehr kleinen technischen Baugruppen vieler mit geernteter Energie angetriebener Datenerfassungs- und Reportinganwendungen, die das Modell LTC3588 mit Strom versorgt, ist es als winziges MSE mit 10 Anschlüssen und im 3 mm × 3 mm DFN-Gehäuse verfügbar.

Obwohl sie seit langem in zahllosen bewährten Anwendungen eingesetzt werden, werden ständig neue Einsatzbereiche für piezoelektrische Sensoren entdeckt. Dazu zählen grundlegende Druckmessungen ebenso wie Reifendruckkontrollsysteme oder neuere Einsatzbereiche wie die Energieernte in IoT-Anwendungen. Vorangetrieben von Fortschritten in der Werkstoffkunde werden in aktuellen Forschungs- und Entwicklungsprojekten neue Piezokristallmaterialien entwickelt, die verschiedene Kombinationen aus gewünschter Leistung und Kostenfaktoren bieten, um ihre Einsatzmöglichkeiten weiter auszubauen. In Kombination mit geeigneten elektronischen Komponenten und Schaltkreisen bieten Piezosensoren und Transducer den Entwicklern eine attraktive Lösung, um Projektanforderungen wie Ausgabe, Empfindlichkeit, Linearität, Unempfindlichkeit, Reproduzierbarkeit und Kosten zu erfüllen.


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