Polarisierte Kondensatoren: einfaches Konzept, komplexe Umsetzung

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Hinter diesem täuschend einfachen Symbol des polarisierten Kondensators (siehe Abbildung 1) verbirgt sich eine hochkomplexe, entscheidende Komponente zahlreicher elektronischer Schaltungen. Dieser Kondenstor, der aufgrund seines Aufbaus häufig auch als Elektrolytkondensator bezeichnet wird, trägt entscheidend dazu bei, dass der Ausgang einer Stromversorgung den benötigten Strom mit der entsprechenden DC-Nennspannung beziehen kann.

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Abbildung 1: Das gängigste Symbol für polarisierte Kondensatoren a) in den USA und b) in Europa; es gibt zahlreiche Variationen.

Wozu dienen solche Kondensatoren, und warum sind sie polarisiert? Diese Kondensatoren dienen hauptsächlich als Reservespeicher elektrischer Energie für die Last – auch dann, wenn der Ausgang der Stromversorgung selbst (meist eine AC/DC-Stromversorgung) bei 60/120 Hz (in manchen Ländern auch bei 50/100 Hz) eine Welligkeit aufweist, die sich aus der Art der Leistungsregelungsschaltung ergibt.

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Der Kondensator funktioniert wie ein Speicher: Die Stromversorgung pumpt Energie (Wasser) in den Speicher, aber nicht mit gleichmäßigem Durchsatz. Die Last (die Nutzer) entnehmen variable Mengen Wasser. Die Nachfrage ändert sich zeitweise nur langsam, manchmal treten jedoch plötzlich kurzzeitige Bedarfsspitzen auf. Dies muss trotz der Schwankungen im Hauptversorgungsrohr der Kläranlage möglich sein. Der Wasserdruck (die Spannung) darf trotz der veränderten Durchflussrate (Strom) an der Versorgung oder der Last keine Schwankungen aufweisen. 

Der Kondensator fungiert als Puffer für elektrische Energie und hat als solcher zwei Aufgaben: Bei konstanter Last gleicht er die Welligkeit am Ausgang des Grundreglers aus, bei Lastvariationen stellt er die benötigte Energie bereit. Daher werden leistungsfähige Elektrolytkondensatoren am Ausgang von Stromversorgungen häufig als „Massenspeicher“-Komponenten bezeichnet. Sie dienen als Grundfilter gegen unerwünschte Spannungsschwankungen der Ausgangsversorgung, trotz der Änderungen von Reglereingangsspannung oder Lastnachfrage.

Grundsätzlich besteht ein Kondensator aus zwei leitenden Flächen, die durch ein Dielektrikum getrennt sind. Bei diesem Dielektrikum kann es sich um Luft, Papier, Keramik oder eine spezielle chemische Elektrolytschicht handeln. Die meisten Elektrolytkondensatoren bestehen aus zwei sehr dünnen Metallfolienschichten (Aluminum, Tantal oder Niob) und einer dielektrischen Oxidschicht auf einer der Schichten. Schließlich wird die gesamte Einheit eingerollt (Abbildung 2). 

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Abbildung 2: Der Innenaufbau eines Aluminum-Elektrolytkondensators zeigt, wie die durch ein Dielektrikum getrennten Schichten in einem zylindrischen Ghäuse eingerollt sind. (Quelle: Nichicon Corp.) 

Das Endprodukt ist mit einer speziellen Beschichtung versiegelt (Kunststoff, Epoxid, Metall o.a.), damit keine Feuchtigkeit eindringen kann und das Elektrolytmaterial im Falle eines Chemikalienaustritts oder einer Beschädigung des Gehäuses eingeschlossen ist (Abbildung 3).

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Abbildung 3: Kompletter Elektrolytkondensator; Leistung: 10 000 μF (0,1 F), 15 VDC. Höhe: 40 mm, Durchmesser: 18 mm. (Quelle: Kemet Corp.)

Wird ein nicht-chemisches Dielektrikum verwendet, handelt es sich nicht um einen nicht-polarisierten Kondensator, der für Wechselstrom-Wellenformen geeignet ist und in beliebiger Richtung in die Schaltung eingesetzt werden kann. Doch aufgrund der chemischen Folie und des Aufbaus von Elektrolytkondensatoren ist bei Einbau und Verwendung eine Polarität zu beachten. Eine Verpolung führt zu einer Beschädigung des Geräts.

Warum werden polarisierte Elektrolytkondensatoren trotz dieser Einschränkung häufig verwendet? Die Antwort ist ganz einfach: um eine hohe Kapazitätsdichte und entsprechende Werte zu erzielen. Die meisten AC/DC-Spannungsversorgungen benötigen eine Kapazität von mehreren Hundert bis Zehntausend Mikrofarad (μF), die nur mit einem Elektrolytkondensator in einer Komponente angemessener Größe erreicht werden kann. Bei Verwendung von Keramik und Luft als Dielektrikum ist ein 100 bis 1000 mal so hohes Kondensatorvolumen erforderlich. 

Auch der Kostenfaktor spielt eine Rolle: Ein größerer Kondensator erfordert mehr Material, was zu einem Anstieg der Direktkosten sowie der „Kosten“ der intensiveren Nutzung von Leiterplattenplatz oder einer größeren Gesamtstromversorgung führt. Superkondensatoren erscheinen häufig als bessere, kleinere Alternative, da sie problemlos Leistungen von mehreren Farad erreichen. Sie sind jedoch nicht für die Behandlung des Restwellligkeitsstroms oder die Art der Ladung/Entladung eines Stromversorgungsreglers und seiner Last geeignet.

Die wichtigsten Auswahlkriterien

Das Hauptkriterium für Massenspeichergeräte ist natürlich ihre Kapazität. Die Werte von Elektrolytkondensatoren beginnen bei ca. 1 μF und reichen bis zu Tausenden μF. Wird eine höhere Kapazität benötigt, als ein einzelnes Gerät liefern kann, können die Kondensatoren natürlich auch in Reihe geschaltet werden.

Das nächste Kriterium für Entwickler ist die Arbeitsspannung (WVDC, working voltage DC). Hierbei handelt es sich um die maximale DC-Nennspannung, bei der der Kondensator zuverlässig arbeitet. Sie wird durch Aufbau und Gehäuse erzielt. Eine höhere WVDC erfordert ein größeres Gerät, um interner Funkenbildung und Durchgriff zu widerstehen. Da solche Geräte sind teurer sind, sollten Entwickler dieses Kriterium auch nicht überbewerten. Die meisten Entwickler verwenden einen doppelten Sicherheitsspielraum bei der WVDC, um Welligkeiten oder Transienten am Kondensator der Stromversorgung Rechnung zu tragen: Sie verwenden beispielsweise einen 25-V-WVDC-Kondensator für eine Stromversorgung mit einer Nennspannung von 12 V DC.

Das klingt ideal, doch in Wirklichkeit haben alle Kondensatoren einen äquivalenten Serienwiderstand (ESR) und eine Selbstinduktivität. Der ESR eines hochwertigen Kondensators beträgt 0,1 bis 1 Ω. Je höher der ESR, um so weniger verhält sich der Kondensator wie ein ideales Gerät, was zu Funktionsstörungen im Reglerschaltkreis führen kann. Bei weniger hochwertigen Kondensatoren steigt der ESR mit der Zeit und mit der Temperatur an und kann sogar mehrere Dutzend Ohm erreichen, was sich negativ auswirkt. Aufgrund des nicht optimalen Dielektrikums kann bei Kondensatoren auch eine geringe Menge Leckstrom auftreten.

Zudem hat natürlich jede reale Komponente eine parasitäre Induktivität, die bei Kondensatoren einige Millihenries (mH) beträgt. Dieser niedrige Wert stellt bei AC-Leitungsfrequenzen in der Regel kein Problem dar, kann jedoch bei einem häufigen Anstieg der Betriebsfrequenz der Stromversorgung Probleme bereiten und zu einer Instabilität bzw. sogar zu einem Ausfall des Schaltkreises führen. 

Wie alle Komponenten haben auch Elektrolytkondensatoren Toleranzbereiche. Diese Toleranz beträgt häufig ±20 Prozent, manchmal sind in den Spezifikationen auch engere Toleranzen festgelegt. Diese Toleranzwerte wirken hoch, sind in der Anwendung jedoch akzeptabel.

Um Entwickler bei der Leistungs- und Stabilitätsanalyse zu unterstützen, bieten die meisten Kondensatoranbieter Modelle, in denen ESR, Induktivität, Leckwiderstand und andere nicht-ideale Eigenschaften aufgeführt sind (Abbildung 4). Diese sind darin beispielsweise für die Netzfrequenz sowie für höhere Frequenzen und verschiedene Temperaturen angegeben. 

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Abbildung 4: Das vereinfachte Modell eines Elektrolytkondensators (Niederfrequenzmodell) zeigt den Grundkondensator sowie Leckwiderstand, äquivalenten Serienwiderstand und Induktivität. Für den HF-Einsatz wären im Modell zudem verschiedene interne parasitäte Leitungsinduktivitäten und die Kapazitäten angegeben.

Beschädigung von Elektrolytkondensatoren

Von Elektrolytkondensatoren wird meist erwartet, dass sie für viele Tausend Stunden ausgelegt sind, obwohl sie häufig mit akzeptablen Ergebnissen weit über die in den Spezifikationen angegebene Lebensdauer hinaus verwendet werden können. (Denken Sie nur an Stromversorgungen in lang laufenden Desktop-PCs, die meistens eingeschaltet sind.) 

Neben dem häufigen Betrieb über die angegebene Lebensdauer hinaus unterliegen auch Elektrolytkondensatoren wie alle elektronischen Komponenten Faktoren, die ihre Zuverlässigkeit und Lebensdauer einschränken. 

Hitze ist der häufigste Faktor, der die Lebensdauer von Kondensatoren verkürzt: Die Leistungswerte eines Kondensators, der für 10 000 Stunden bei 25°C ausgelegt ist, sinken mit steigender Temperatur und betragen bei 85°C nur noch 1 000 Stunden und bei 105⁰C noch weniger. Da die meisten Kondensatoren mit Stromversorgungen verwendet werden, die in der Regel warm laufen und deren Temperatur lokal höher sein kann als die des Gesamtgehäuses, sinkt die Lebensdauer dieser Massenspeichergeräte. Zur Lösung dieses Problems bieten Verkäufer häufig Kondensatoren an, die auch bei höheren Temperaturen für eine lange Lebensdauer ausgelegt sind. (Bitte beachten Sie, dass auch eine hohe Lagertemperatur ohne Gerätebetrieb die Lebensdauer verkürzen kann, doch dies ist ein anderer Fall mit anderen Spezifikationen.)   

Der zweite Faktor, der die Lebensdauer von Elektrolytkondensatoren verkürzt, ist der Restwelligkeitsstrom, den sie aushalten müssen. Bei diesem Strom handelt es sich um die unvermeidlichen Schwankungen am Ausgang des Spannungsreglers, die der Kondensator ausgleichen muss. Aus komplexen elektrochemischen Gründen senkt auch der Restwelligkeitsstrom die Lebensdauer von Kondensator und Elektrolyt: Je höher dieser Strom ist, desto schwerer und rascher wird der Kondensator beschädigt. Die Empfindlichkeit gegenüber diesem Restwelligkeitsstrom ist abhängig von Kondensatoraufbau und -materialien. Die Betriebsdauer wird häufig für verschiedene Restwelligkeitsstromwerte angegeben.  

Nach der Auswahl eines geeigneten Kondensators und des entsprechenden Händlermodells müssen Entwickler zudem einen nicht-technischen Faktor berücksichtigen. Minderwertige Produkte, Ersatzartikel oder eindeutige Fälschungen finden häufig ihren Weg in die Produktions- und Montagelinien. Die Ursache dafür ist, dass es relativ einfach ist, Kondensatoren herzustellen, die zumindest eine Zeitlang gut genug funktionieren. Doch diese Produkte haben eine kürzere Lebensdauer, und dann ist es bereits zu spät und der Kondensator kann massive Probleme bereiten.  

Denken Sie daran, dass es für die Einkaufsabteilung des Herstellungsbetriebs einfach ist, ein Produkt der Entwickler-Stückliste durch einen „ähnlichen“ Kondensator zu ersetzen, der die gleichen Hauptspezifikationen (Kapazität, WVDC und Größe) aufweist. Doch auch auf „sekundäre“ Spezifikationen wie ESR oder Restwelligkeitsstromtoleranz kommt es an, und eine Stücklistenänderung kann die Leistung oder Zuverlässigkeit des Systems beeinträchtigen. Techniker müssen daher unbedingt mit der Produktionslieferkette zusammenarbeiten, um die Integrität und die Rückverfolgbarkeit des Kondensators bis hin zum Händler zu gewährleisten. 

Elektrolytkondensatoren zwischen Stromversorgungsregler und Last scheinen banal und gewöhnlich. Sie sind jedoch sehr wichtig, um eine stabile DC-Stromschiene für die Schaltung zu erzielen. Daher müssen Entwickler ihre primären und sekundären Spezifikationen sowie den Einsatzzweck berücksichtigen und auch weniger offensichtliche Lieferkettenprobleme im Kopf behalten.


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