Das Wissen darum, dass der Klimawandel eine reale Bedrohung für unser Leben ist, hat in letzterer Zeit zur Entwicklung zahlreicher Alternativen zu auf fossilen Brennstoffen basierenden Fahrzeugtechnologien geführt. Seit Anfang dieses Jahrhunderts hat die Nutzung von hybriden (Elektrisch/Treibstoff) und vollständig elektrischen Fahrzeugen (Electriv Vehicles, EV) dramatisch zugenommen.
Fortschritte in den Bereichen Batterietechnologie und Machine Learning sorgen für eine völlig neue Dynamik bei Elektrofahrzeugen und die meisten etablierten Autohersteller bringen derzeit Elektrofahrzeugserien zur Marktreife. Zusätzlich zu Nachhaltigkeitsüberlegungen sorgen strengere Emissionsstandards, sinkende Preise für EV-Technologie, höhere Energiedichten bei Batterien und die zunehmende Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur dafür, dass Elektrofahrzeuge eindeutig die Zukunft des Individualverkehrs sind.
Bedarf an Zertifizierungen und Standards
Da etablierte Unternehmen und neue Marktteilnehmer unterschiedliche Technologiekonzepte für Elektrofahrzeuge verfolgen, ist es von größter Bedeutung, dass Standards formuliert und eingerichtet werden, die deren Zuverlässigkeit garantieren. Fehlfunktionen in der Fahrzeugelektronik und der Ladeinfrastruktur können schwere bis tödliche Folgen für Fahrzeuginsassen und andere, etwa Angehörige von Rettungsteams, haben. Der sichere Betrieb und die Zuverlässigkeit von Batterien, Steuerungen, Steckverbindern, Schaltern und Kabeln müssen sichergestellt sein, damit man beruhigt fahren kann und Unfälle möglichst vermieden werden. Regulatorische Frameworks, die Standards für verschiedene Komponententechnologien in Elektrofahrzeugen setzen und Zertifizierungsprozesse für Anbieter formulieren, werden dafür sorgen, dass sich Verbraucher sicherer fühlen und Lieferanten wissen, dass sie korrekt handeln. Zu den wichtigsten Vorteilen globaler Standards und Zertifizierungen gehören:
- Sicherheit für Personal, Produkt und Ladeinfrastruktur
- Interoperabilität, um die Nutzung einer gemeinsamen Infrastruktur zu ermöglichen
- Kostensenkung, um die Massenproduktion und die Erschwinglichkeit von EV-Technologie zu ermöglichen
- Zunehmende Annahme neuer Technologien zur Verfestigung der EV-Revolution
Verschiedene globale Standards werden derzeit von der International Electrotechnical Commission (IEC) und der International Organization for Standardization (ISO) publiziert und in länderübergreifende und länderspezifische Versionen umgesetzt. Die nachfolgenden Abschnitte dieses Artikels erläutern diese Standards sowie die Bereiche, in denen Sie am relevantesten sind.
Übersicht über die wichtigsten internationalen Standards im Zusammenhang mit der Elektromobilität
Derzeit existiert kein weltweit gültiger Standard für Elektrofahrzeuge. Viele der wichtigsten Zentren der EV-Produktion – darunter Japan, Europa, Nordamerika und China – unterstützen auf diesem Gebiet unterschiedliche Gedanken in verschiedenen Bereichen. Obwohl regulatorische Zertifizierungen üblicherweise technischen Innovationen folgen, dienen sie Unternehmen als wichtigste Möglichkeit, ihre Legitimität als Player auf dem EV-Markt zu demonstrieren. Durch die Ausgabe grundlegender Richtlinien für Sicherheit und Umweltschutz beeinflussen regulatorische Standards ihrerseits die Weiterentwicklung von Technologien. Für Elektrofahrzeugtechnologien lässt sich der Großteil der Bemühungen um regulatorische Standards in vier Bereiche unterteilen:
- Sicherheit und Schutz
- Ladesteckverbinder
- Ladetopologie
- Kommunikation im Zusammenhang mit dem Laden von Elektrofahrzeugen

Abbildung 1: Übersicht über zentrale Elektrofahrzeug-Standards
Sicherheit und Schutz
Elektrofahrzeuge erfordern strengste Sicherheitstests. Die für herkömmliche Fahrzeuge geltenden Sicherheitsstandards sind auch für Elektrofahrzeuge relevant. Der Sicherheitsstandard beinhaltet eine breite Palette von Details im Zusammenhang mit Informationsmanagement, Datenschutz, Installation, Schutz der Fahrzeuginsassen vor Verletzungen sowie Isolierung gegen Stromschläge. Die Sicherheitsprobleme von Elektrofahrzeuge werden weitgehend vom internationalen Standard ISO 6469 abgedeckt. Dieser Standard hat drei Teile:
- Integrierte Elektroenergiespeicherung, d. h. die Batterie
- Funktionale Sicherheit bedeutet Schutz gegen Fehler und Ausfälle
- Schutz von Personen gegen elektrische Gefahren
Die nachfolgende Tabelle beschreibt die Sicherheitsstandards außerhalb von ISO 6469.
Name des Standards | Beschreibung |
ISO/IEC 27000 | Bietet Empfehlungen zu bewährten Verfahren im Bereich der Informationssicherheit, darunter Datenschutz, Vertraulichkeit sowie IT-, technische und Cybersicherheitsprobleme |
IEC 60364-7-722 | Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 7-722: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Stromversorgung von Elektrofahrzeugen |
SAE J1766 | Stellt sicher, dass angemessene Barrieren zwischen Fahrzeuginsassen und Batteriesystemen bestehen, um Schutz gegen potenziell gefährliche Faktoren und Materialien des Batteriesystems zu bieten, die bei Unfällen die Fahrzeuginsassen verletzen könnten |
ISO 17409 | Sicherheitsanforderungen für leitende Verbindungen zwischen Elektrofahrzeugen und externen elektrischen Schaltkreisen |
IEC 61140 | Schutz gegen elektrischen Schlag. Gemeinsame Anforderungen für Anlagen und Betriebsmittel |
IEC 62040 | Unterbrechungsfreie Stromversorgungssysteme (USV) |
IEC 60529 | Schutzarten durch Gehäuse (IP-Code) |
Steckverbinder
Die Standards für Ladesteckverbinder von Elektrofahrzeugen variieren je nach Region und Modell. Zwar gibt es keinen allgemeinen Konsens zu einer universellen Steckverbindertechnologie, eine sehr große Zahl von Automobilherstellern unterstützt aber das Combined Charging System (CCS) in Nordamerika und Europa. Japanische Automobilhersteller verwenden CHArge de MOve (CHAdeMO) und in China, dem weltweit größten Markt für Elektrofahrzeuge, kommt GB/T zum Einsatz. Alle diese Standards verfolgen das Ziel, eine gemeinsame Ladesystemarchitektur für Elektrofahrzeuge zu definieren, einschließlich betrieblicher Anforderungen sowie der funktionalen und Abmessungsanforderungen für den Eingang am Fahrzeug und den passenden Steckverbindern.
In Nordamerika ist SAE J1772 (IEC 62196 Type 1), auch als „J plug“ bezeichnet, der Standard für Elektrofahrzeugsteckverbinder. Dieser Standard wird von SAE International verwaltet und trägt die formelle Bezeichnung „SAE Surface Vehicle Recommended Practice J1772, SAE Electric Vehicle Conductive Charge Coupler“; er deckt die allgemeinen physischen, elektrischen, Kommunikationsprotokoll- und Leistungsanforderungen an das leitende Ladesystem und die Kopplung für Elektrofahrzeuge ab.

Abbildung 2: Steckverbinderarten für Elektrofahrzeuge
Kommunikation
Derzeit sind nur sehr wenige (Heim- und öffentliche) Ladestationen Smart-Grid-fähig, und noch weniger Fahrzeuge bieten V2G(Vehicle-to-grid)-Konnektivität. Die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen wird jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass allgemeine Standards für die Ladeinfrastruktur und die Interoperabilität zwischen Ladestationen, Verteilungsnetzwerken und den Elektrofahrzeugen selbst benötigt werden. Die Interoperabilität ist nicht nur zum Schutz gegen die exklusive Bindung an einzelne Anbieter von Ladeinfrastruktur („Vendor Lock-in“) wichtig, sondern auch für die kosteneffektive Konnektivität zwischen Elektrofahrzeugen und unterschiedlichen Ladeinfrastruktur- und Messeinrichtungen.
ISO15118 – ein internationaler Standard für die bidirektionale Kommunikation zwischen Elektrofahrzeugen und Ladestationen – definiert eine V2G-Kommunikationsschnittstelle für das bidirektionale Laden/Entladen von Elektrofahrzeugen. ISO15118 ist von zentraler Bedeutung für die „Plug & Charge“-Fähigkeit, durch die Fahrer von Elektrofahrzeugen den Ladestecker in ihr Fahrzeug einstecken, dieses laden und anschließend sofort losfahren können. Dieser Vorgang wird durch ein digitales Zertifikat in einem Fahrzeug ermöglicht, das diesem erlaubt, mit dem CPMS (Charging Point Management System) zu kommunizieren. Dadurch wird ein nahtloser und durchgängiger Ladeprozess ermöglicht, zu dem automatische Authentifizierung und Rechnungserstellung gehören, und der die Verwendung einer RFID-Karte, einer App oder von PINs überflüssig macht.
Hier ist die Liste üblicher Standards für die Kommunikation in Elektrofahrzeugen:
Name des Standards | Beschreibung |
ISO/IEC 15118 | Kommunikationsschnittstelle für das bidirektionale Laden/Entladen von Elektrofahrzeugen |
SAE J2847 | Kommunikation zwischen Plug-in-Fahrzeugen und externen DC-Ladegeräten |
IEC 61851-24 | Konduktive Ladesysteme für Elektrofahrzeuge – Teil 24: Digitale Kommunikation zwischen einer Gleichstromladestation für Elektrofahrzeuge und dem Elektrofahrzeug zur Steuerung des Gleichstromladevorgangs |
SAE J2931 | Sicherheitsanforderungen für die digitale Kommunikation zwischen dem EVSE (Electric Vehicle Supply Equipment) und der Versorgungseinrichtung, ESI, der AMI (Advanced Metering Infrastructure) und/oder dem HAN (Home Area Network) |
IEC 61850 | Kommunikationsnetzwerke und -systeme für die Automatisierung von Energieversorgungen – ALLE TEILE |
Laden von Elektrofahrzeugen
Der Standard IEC 61851 bezieht sich auf leitende Ladesysteme für Elektrofahrzeuge. Der Standard beschreibt vier Lademodi. Die ersten drei Modi liefern Wechselstrom an das interne Ladegerät des Elektrofahrzeugs, während Modus 4 Gleichstrom direkt an die Batterie liefert, wobei das interne Ladegerät umgangen wird. Modus 3 nutzt verschiedene Steuerungs- und Schutzfunktionen für die öffentliche Sicherheit.

Abbildung 3: Ladetopologien für Elektrofahrzeuge
Laden von Elektrofahrzeugen | Beschreibung |
Modus 1 | Laden mit Wechselstrom an einer typischen Heim-Wandladestation, ein- oder dreiphasig, mit Stromstärken von bis zu 16 A. In diesem Modus erfolgt keine Kommunikation zwischen der Stromquelle/dem Netz und dem Fahrzeug. Ein Erdungsfehlerunterbrecher (Ground Fault Interrupter, GFI) und ein Reststromsensor (Residual Current Detector, RCD) sollten infrastrukturseitig installiert sein. |
Modus 2 | Wie Modus 1, nur mit höheren Stromstärken sowie in das kabelinterne Steuer- und Schutzgerät (IC-CPD) integrierten Steuerungs- und Schutzvorrichtungen. Das IC-CPD bietet Schutz gegen elektrische Gefahren bei Isolationsausfällen. |
Modus 3 | Das Laden mit Wechselstrom erfolgt über einen dedizierten Ladeausgang, der mit einem stationären Ladegerät (oder einer Wallbox) verbunden ist. Der Ladevorgang wird per Kommunikation zwischen dem Ladegerät und dem Fahrzeug gesteuert. |
Modus 4 | Das Laden mit Gleichstrom ist sinnvoll, wenn eine große Energiemenge übertragen wird. Im IEC-Modus 4 wird eine dedizierte Wallbox mit festem Ladekabel und einem dedizierten DC-Ladestecker verwendet. |
Zusammenfassung
Die Verbreitung von Elektrofahrzeugen wird im Zuge des weltweiten Kampfes gegen den Klimawandel und für einen nachhaltigen Umweltschutz stetig zunehmen. Kostensenkungen, technologische Fortschritte und eine Vielfalt von Anbietern wirken zusammen, um dramatische Innovationen in der Elektrofahrzeugbranche zu ermöglichen. Globale Standards können die Annahme von EV-Technologien weiter beschleunigen und die Sicherheit von Elektrofahrzeugen immer weiter verbessern. Genau wie bei herkömmlichen Automobilen gilt auch für Elektrofahrzeuge, dass Sicherheit und Zuverlässigkeit die entscheidenden Faktoren für die Formulierung von Standards in aller Welt sind. Die Sicherheit von Fahrzeug und Ladeinfrastruktur, Steckverbinder, die Ladetopologie sowie die Kommunikation in Elektrofahrzeugen sind die wichtigsten Bereiche, die von den derzeit verwendeten Standards abgedeckt werden. Obwohl es noch unterschiedliche Standards gibt, bemüht sich eine deutliche Mehrheit der Hersteller in verschiedenen Regionen der Welt um die harmonisierte Annahme von EV-Standards.
Verweise
Innovationen: Intelligentes Laden für Elektrofahrzeuge