Wasilios Pitharas, Application Engineer bei Samsung Electro-Mechanics (SEMCO), erklärt, wie die zusätzliche Kupfer-Epoxy-Schicht, auch bekannt als Softterminierung, das wichtige innere Keramikmaterial eines MLCC schützt.
Aufbau eines Standard Klasse II Automotive MLCCs
Keramikschichten werden meistens mit einer Nickelpaste (Elektrode) bedruckt und daraufhin gestapelt. Durch das Keramikmaterial, der Anordnung der Elektroden und der Anzahl an Lagen wird die Kapazität bestimmt. Anschließend wird eine Kupferschicht aufgetragen, welche die Elektroden miteinander verbindet und für eine gute Leitfähigkeit sorgt. Im Vergleich zu anderen Herstellern fügt SEMCO (Samsung Electro-Mechanics Co.) nun eine Kupfer-Epoxy-Schicht hinzu, welche allgemein als Softterminierung bekannt ist. Sie wirkt als Puffer für mechanische Belastungen und schützt die sprödere Keramik. Abschließend erfolgt ein Nickel-Zinn Plating um das Bauteil zum einen vor Oxidation zu schützen und zum anderen die Lötbarkeit zu gewährleisten.
Sicherheitsrisiko minimieren
Doch warum wird der zusätzliche Schutz der Softterminierung benötigt? Was passiert bei einem Bruch der Keramik?
Es entstehen im allgemeinen zwei Probleme. Zum einen sinkt der Isolationswiderstand zwischen den Lagen, da die eingesetzte Keramik ein besserer Isolator ist als ein Hohlraum. Zum anderen kann im schlimmsten Fall ein Kurzschluss zwischen zwei gegenüberstehenden Lagen auftreten. Je nach angelegter Spannung kann dies zu einer erheblichen thermischen Verlustleistung führen, die das Bauteil zerstören und die gesamte Leiterplatte funktionsunfähig machen kann. Aus diesem Grund fordert zum Beispiel der VW-Konzern in der Norm VW80808 die Einhaltung der „MLCC-Failsafe-Strategie“, welche das Ziel verfolgt das zuvor genannte Sicherheitsrisiko zu minimieren.
Wenn ein Kurzschluss eine Verlustleistung >2,5W mit sich führt oder eine erhebliche Beeinträchtigung der Systemfunktion verursacht[1], muss die Failsafe-Strategie zwingend eingesetzt werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Bauteil direkt an der Batteriespannung (Klemme 15, 30) angelegt ist.
Vier Möglichkeiten bietet die Norm, um die Failsafe-Strategie umzusetzen. Hiervon besitzen alle SEMCO-Produkttypen eine Softterminierung und sind nach AEC-Q200 qualifiziert.
I. Reihenschaltung zweier orthogonal zueinander liegender Kondensatoren
Die erste Möglichkeit, welche unabhängig vom Boardnetzsystem eingesetzt werden darf, ist die orthogonale Platzierung von zwei in Reihe geschalteter Kondensatoren. Bild 2 zeigt dies beispielhaft in einem vereinfachten Schaltplan. Andere Optionen sind derzeit nur im 12-V-Boardnetz zulässig.
Wenn einer der beiden Kondensatoren ungünstig zu der Kraft einer Biegebeanspruchung liegt, stellt die orthogonale Anordnung sicher, dass ein weiterer Kondensator weiterhin intakt bleibt. Da beide Kondensatoren in Reihe geschaltet sind, ist die Isolation zum Massepotential weiterhin gegeben.
II. Series Kondensator
Ein Series oder auch „Flexisafe“ Kondensator verwendet das vorher aufgezeigte Prinzip einer seriellen Schaltung zweier Kondensatoren in einem einzigen Bauteil. Die gegenüberstehenden Lagen unterschiedlicher Potentiale liegen nicht direkt übereinander, sondern werden von einer „schwebenden“ Lage verbunden.
Der interne Aufbau bringt jedoch eine extrem niedrige Kapazität mit sich. Im Vergleich zur vorherigen Lösung spielt nicht nur das Prinzip der Reihenschaltung eine Rolle, sondern auch die Reduzierung des aktiven Bereichs.
III. Open Mode Kondensator
Bei einem Open Mode Kondensator werden die inneren Elektroden verkürzt. So wird der aktiv genutzte Bereich reduziert. Durch kürzere Elektroden besteht bei einem Crack im rot gekennzeichneten „risikobehafteten“ Bereich eine geringere Wahrscheinlichkeit einen Kurzschluss zu erzeugen, da sich nur Lagen gleichen Potentials berühren würden.
IV. Kondensator mit Softterminierung
Die Vorteile des Einsatzes eines Kondensators mit Softterminierung sind die höhere mechanische Belastbarkeit und gleichzeitig die optimale Nutzung der zur Verfügung stehenden Größe des Bauteils. Sofern der Lagenaufbau identisch ist, besteht keine schlechtere Performance im Vergleich zu Standardtypen.
Nun wurde bereits erwähnt, dass alle Automotive-SEMCO-Klasse-II-Kondensatoren eine Softterminierung besitzen. Wieso ist der Standard Artikel dann nicht für den Gebrauch in einer Failsafe Applikation geeignet? Grund dafür ist, dass der Einsatz eines Bauteils mit Softterminierung im VW-Konzern nur zulässig ist, wenn es nach der VW 80808-2 (Anhang A „Qualifikation von MLCC mit Softterminierung) geprüft wurde. Die Norm fordert die Durchführung verschiedener thermischer und mechanischer Belastungstests. Kritische Anforderungen sind hierbei der mehrmals zu verwendende Biegetest mit 5mm Biegebeanspruchung und die Feuchtigkeitsprüfung.
Standard Automotive Bauteile von SEMCO werden ebenfalls nach VW80808-2 getestet, allerdings mit einer Biegebeanspruchung von 3mm. Das liegt über den marktüblichen 2mm für vergleichbare Komponenten. Der Einsatz für den Automotive Bereich ist somit gewährleistet, jedoch eben nicht für Failsafe Applikationen. Wenn man auf dem Markt von Softterminierung spricht, verbindet man das in der Regel mit 5mm Biegefestigkeit und der Failsafe-Strategie. Hier muss für SEMCO eine differenzierte Betrachtung angewendet werden. Die benötigten 5mm Biegebeanspruchung bringt die gesonderte Produktfamilie PJ mit sich. Hier wird bei der Qualifizierung nach VW 80808-2 mit den regulären Kriterien gearbeitet.
Für kleine und mittlere Kapazitätswerte werden zusätzliche Lagen gleichen Potentials auf der Ober- sowie Unterseite platziert. Dies bietet nicht nur den Vorteil, dass bei einem Crack kein Kurzschluss stattfindet, sondern führt auch eine erhöhte mechanische Stabilität des kompletten MLCC Aufbaus mit sich.
Die Tests der Softterminierung nach VW 80808-2 wurden für alle derzeit aktiv promoteten SEMCO Automotive Bauteile erfolgreich abgeschlossen.
Downsizing
Der Trend der Miniaturisierung (Downsizing) unterstützt den Einsatz der Softterminierungs Variante umso mehr. Der Schlüssel zu kleinen und sicheren Bauteilen liegt also zum einen an einer robusten Terminierung und zum anderen an der immer feiner werdenden Keramik, welche einen dünneren Lagenaufbau ermöglicht.
Produktanfragen
Wenn Sie Fragen zu einem der im Artikel aufgeführten Produkte haben, wenden Sie sich bitte an Mr. Mokhtar Marzouk, unter Mokhtar.marzouk@samsung.com.
Literatur:
[1] VW 80808-1: 2015-02, Page 9
[2] VW 80808-2, Appendix A „Qualifikation von MLCC mit Softterminierung“
Bild 1: Standard SEMCO Klasse II Automotive MLCC Samsung Electro-Mechanics (SEMCO)
Bild 2: Orthogonale Anordnung zweier Standard Automotive Kondensatoren Samsung Electro-Mechanics (SEMCO)
Bild 3: Series Kondensator Samsung Electro-Mechanics (SEMCO)
Bild 4: Open Mode Kondensator Samsung Electro-Mechanics (SEMCO)
Bild 5: PJ Serie - 5mm Biegefestigkeit Samsung Electro-Mechanics (SEMCO)