Hersteller analoger integrierter Schaltkreise haben längst erkannt, dass analoge Designs in vielerlei Hinsicht eine Wissenschaft für sich sind. Schon fast von Anfang an haben Unternehmen wie Burr-Brown und National Semiconductor (jetzt beide Teil von Texas Instruments) Bücher und Sammlungen mit Anwendungshinweisen erstellt, um Technikern einen besseres Verständnis ihrer Produkte und deren Anwendungsmöglichkeiten zu vermitteln. Diese können als die ersten Designinstrumente bezeichnet werden.
Die Zeit (und die Technologie) lässt sich nicht aufhalten. Auch wenn diese alten Bücher wertvolle Hinweise enthalten und inzwischen zum Downloadzur Verfügung stehen, so sind die allermeisten Hersteller analoger und Mischsignal-Geräte inzwischen Hersteller von Mikrocontrollern geworden. Daher ist es nicht überraschend, dass diese neben Editoren, Compilern und Debuggern auch eine Reihe softwarebasierter analoger Designinstrumente im Angebot haben.
Einfache Software-Designinstrumente für analoge Anwendungen gibt es bereits seit einigen Jahren – angefangen von den ladbaren Gleichungssätzen für Kalkulationstabellen und den späteren Programmen auf Disketten und CDs. Mit dem Internet kam auch der herunterladbare Code mit regelmäßigen Aktualisierungsoptionen.
Hierbei geht es allerdings nur die Tools zur Unterstützung von Technikern beim Design mit analogen integrierten Schaltungen. Die Halbleiterhersteller selbst verfügen über umfassende Werkzeuge für Design, Validation und Prüfung ihrer Chips, diese sind aber nicht Gegenstand dieser Diskussion.
Der gegenwärtige State of the Art
Die beschriebenen älteren Programme bezogen sich meist auf Einzelfunktionsgeräte wie Operationsverstärker. Analoge Designs werden jedoch zunehmend zu Subsystemen weiterentwickelt, bei denen bislang separate Komponenten in ein Gerät integriert wurden. Zudem stieg die Anzahl der verfügbaren Geräte sprunghaft an, und es gab Dutzende potenzieller Lösungen zu einem bestimmten Design-Problem. Dies führte zur Entwicklung von Online-Designinstrumenten mit einem Werkzeug zur Produktauswahl, die sich beim Schaltkreis-Design und der Auswahl des passenden Geräts als äußerst nützlich erweisen sollten.
Der neuste Trend verweist jedoch in Richtung hochinteraktiver Expertensysteme, angefangen bei der Spezifikation wichtiger Anwendungsparameter: Das Designinstrument schlägt nicht nur das geeignetste Gerät vor, sondern bietet dem Benutzer die Möglichkeit, das Design genau an Faktoren wie die Materialkosten und den Leiterplatten-Platzbedarf anzupassen.
Abbildung 1: Beispiel eines Designinstruments auf Expertensystem-Grundlage, dem WEBENCH Power Designer von Texas Instruments. (Quelle: Texas Instruments)
Welche Vorteile bietet das neue Konzept? Während ältere Designinstrumente lediglich Lehrbuchformeln zur Berechnung externer Komponentenwerte anwenden, können die neuen Tools eine Engine zur parametrischen Suche für die Auswahl geeigneter Geräte und die anschließende Auswahl gerätespezifischer Parameter wie Eingaben für die Design-Algorithmen nutzen.
Bei einem Spannungs-Rückkopplungsverstärker-Schaltkreis ergänzen beispielsweise Operationsverstärker-Parameter wie Anstiegsgeschwindigkeit, parasitäre Eingangskapazität, Rauschen und Flickerrauschen das Standardprodukt zur Bandbreitenoptimierung. Es lassen sich noch feinere Effekte wie Ausgabeladevorgänge und deren Interaktion mit dem Frequenzgang des Verstärkers integrieren.
Nach dem Entwurf des Schaltungsblocks lässt sich dieser mithilfe vieler neuer Designinstrumente in eine allgemeinere Simulationsplattform übertragen, sodass Designer mehrere Blöcke miteinander kombinieren, weitere erforderliche Komponenten hinzufügen, thermische Simulationen durchführen oder den Schaltkreis oder das Leiterplatten-Layout direkt in ein CAD-Programm laden können.
Beispiele analoger Designinstrumente
WEBENCH: Die WEBENCH-Plattform (Texas Instruments) umfasst einen vollständigen Satz analoger Designinstrumente mit Tools für Designern, die u. a. mit Spannungsversorgungen, FPGAs, LEDs, Verstärkern und Medical AFE-Anwendungen arbeiten. Diese Werkzeuge sind auf Anforderungen in der Praxis abgestimmt. So ermöglichen die Sensor-Werkzeuge beispielsweise Optimierungen bei Signalpfadleistung, Materialkosten, Gesamtkosten und Verknüpfungen zu Bewertungsplattformen und weiteren Tools zum Testen und Validieren simulierter Lösungen.
LTspice: LTspice von Linear Technology in der Version IV ist ein hochleistungsfähiger SPICE-Simulator mit schematischer Erfassung und Darstellung in Wellenform mit zusätzlichen Funktionen und Modellen zur Vereinfachung des Einsatzes von Spannungsreglern. Dier herunterladbare Windows-Anwendung verfügt über Makromodelle für Hunderte LTs von Operationsverstärkern und Spannungsreglern sowie Widerständen, Transistoren und MOSFET-Modellen.
Filter Wizard: Der Filter Wizard von Analog Devices erleichtert das Design von Tiefpass-/Hochpass- oder Bandpassfiltern. Geben Sie zunächst die Hauptparameter (Durchlassbereich- und Sperrband-Frequenz und -Zuwachs, Filterreaktionszeit) ein. Anschließend wählt das Programm eine Topologie aus, erzeugt ein Schema und unterstützt Sie bei der Auswahl der besten ADI-Komponente.
Abbildung 2: Bildschirmaufnahme des Filter Wizard (Quelle: Analog Devices)
Analog Devices hat eine umfangreiche Suite an Designinstrumenten zur Unterstützung des umfangreichen RF-Portfolios im Angebot. Hierzu gehört beispielsweise ADIsimRF, ein RF-Signalkettenberechner, mit dem sich Systemparameter wie hintereinander geschaltete Verstärkerstufen, Rauschwert, IP3 und P1db sowie der gesamte Energieverbrauch berechnen lassen. Die Anzahl der Stufen ist flexibel (max. 15). Das Designinstrument ADIsimRF enthält integrierte Daten vieler integrierter ADI-RF-Schaltungen (RFIC) und Datenwandler, auf die Designer über Pulldown-Menüs zugreifen können, welche die Komponentenauswahl erleichtern.
iSim: iSim von Intersil ist ein interaktives webbasiertes Designinstrument zur Auswahl und Simulation von Geräten aus dem Portfolio von Intersil. Für andere Tools besteht ein ähnliches Design-Verfahren:
1) Wählen Sie die Eingabe- und Ausgabespezifikationen aus.
2) iSim sucht nach geeigneten Intersil-Geräten und berechnet die optimalen Komponenten.
3) Das Design wird zum Testen der Anwendung in einem Online-Schema angezeigt.
4) Nach der Überprüfung des Designs erstellt iSim eine Stückliste und einen Design-Bericht.
Gegenwärtig ist iSim nur für Energiemanagement-Geräte und Operationsverstärker verfügbar.
Mindi: Dieses interaktive Designinstrument von Microchip wurde für die Arbeit mit Aktivfiltern, Verstärkern, Akkugeräten, DC-DC-Konvertern oder das digitale Energiemanagement entwickelt. Das Batterieauflademodul ist beispielsweise mit einem bidirektionalen Stromwandler oder einem Batterieladegerät mit Li-Ion-, NiMH- oder NiCd-Batterien ausgestattet. Nach Auswahl der grundlegenden Parameter erzeugt das System ein interaktives Schema. Hiermit können Benutzer Einzelkomponenten ändern, Simulationen durchführen, einen Bodeplot der Schaltleistung anzeigen oder das Schema ausdrucken. Das Verstärkerinstrument enthält eine Vielzahl gängiger Operationsverstärkerschaltungen, darunter invertierende und nicht invertierende Konfigurationen, Differenzverstärker, Integratoren und Differenzierer. Es umfasst weitere ähnliche Funktionen wie die Transientenanalyse.
Power Supply WebDesigner (PSW): Power Supply WebDesigner (PSW) von Fairchild ist ein Werkzeug für Design und Simulation eines primärseitig (PSR) oder sekundärseitig (SSR) regulierten Sperrwandlers. Wie bei vergleichbaren Werkzeugen wird eine schematische simulierte Überprüfung und eine Stückliste erstellt. Mit PSW lassen sich jedoch auch Teile aus dem Katalog des bevorzugten Vertriebshändlers automatisch auswählen.. Fairchild bietet ähnliche Designinstrumente für andere Stromversorgungsanwendungen wie Buck-Boost-Topologien, isolierte und nicht isolierte Designs, DC-DC-Wandler und andere Leistungsfaktorkorrektur (PFC)-Schaltkreise an.
Designinstrumente von Arrow
Auf unserer Website finden Sie eine große Auswahl an digitalen Designinstrumenten. Fast alle der besprochenen analogen Werkzeuge können jedoch auch kostenlos auf den jeweiligen Herstellerwebsites angefordert werden. Die Komponenten für die Stückliste sind hingegen ein Thema für sich.