Wenn Unternehmen sich zur digitalen Transformation ihrer Betriebsabläufe entscheiden, besteht das Hauptziel oftmals in der Senkung von Kosten durch Steigerung von Ausbeute und Durchsatz, geringeren Materialausschluss und Reduzierung von Anlagenausfällen. Anlagen und Prozesse im Bereich der Fertigung werden daher hauptsächlich auf Durchsatz und Ausbeute optimiert.
Die Notwendigkeit zur Bewertung der Energieeffizienz mit Technologien der Industrie 4.0 wird drängend, nicht zuletzt weil die Industrie fast 41,8 % der gesamten Elektrizitäti verbraucht, was sich zu nicht unerheblichen Betriebskosten summiert. Dieses Kostenbewusstsein gibt es schon seit geraumer Zeit, und US-Hersteller konnten im Zeitraum von 1998 bis 2018 ihre Energieintensität in der Fertigung um 26 % reduzieren, während sie gleichzeitig die Bruttoproduktionsmenge um 12 % steigertenii.
Neu ist allerdings eine doppelte Herausforderung für die Industrie: Erfüllen der ständig steigenden Energienachfrage bei gleichzeitiger Begrenzung der Kohlenstoffemissionen, die nicht einmal ein integraler Bestandteil der Umwandlung vom Rohmaterial zum fertigen Produkt darstellen. Die US-Energiebehörde Department of Energy (DoE) fördert und unterstützt die Bedeutung der Energieleistung bei der Steigerung der Kostenwettbewerbsfähigkeitiii. Die EU hat mittlerweile ihre Energieeffizienz-Richtlinie (EED) überarbeitet und an die neuen Ziele für 2030 angepasst. Die EED fördert Energieeinsparungen in Endnutzungssektoren, wie etwa Gebäuden, Industrie und Verkehr durch die Vorschrift von Energieauditsiv. Unternehmen, die Kosten senken und ihre Umweltleistung verbessern müssen, können ihre Betriebsabläufe gemäß ISO 50001 zertifizieren lassen. Diese Norm schreibt die Nutzung von Energiemanagementsystemen (EMS) und Energieaudits vor.
Es gibt zwar keinen Ersatz für effiziente Anlagen und erneuerbare Energiequellen. Aber die intelligente Fertigung bietet verschiedene Werkzeuge zum Überwachen, Beurteilen und Verwalten des Energieverbrauchs, um die Abläufe zusätzlich hinsichtlich des Energieverbrauchs zu optimieren.
Energieüberwachung und Sensoren
Der traditionelle Ansatz zur Energieüberwachung in Fertigungsbetrieben lässt sich wie folgt zusammenfassen: Hersteller erfahren ihre Energiekosten aus der Versorgungsrechnung zu einem Zeitpunkt, an dem sie keine sichere Zuordnung der Energieverbrauchsdaten mit Betriebsinformationen mehr vornehmen können und demzufolge wenig Kontrolle über die Energieeffizienz haben.
Die unmittelbarste Methode zur Verbesserung der Energieeffizienz einer Einrichtung besteht in der Überwachung und dem Verständnis, wie die Anlagen (sowohl für Prozesse als auch Spannungsversorgungen) funktionieren. Die intelligente Nutzung vernetzter Sensoren ermöglicht die Informationen des EMS und genaue Analysen, wie Energie von jedem Verbraucher genutzt wird. Die Haupttypen der Sensoren für diese Aufgaben sind Stromzähler oder – für größere Flexibilität – Spannungs- und Stromsensoren. Aus den letzteren wird der Energieverbrauch mit der Formel Spannung × Strom × Zeit errechnet.
Andere Sensoren zur Datenerfassung (beispielsweise für Temperatur, Druck und Gasdurchfluss) informieren Organisation über den zur Erreichung der optimalen Prozessparameter erforderliche Energie. Dadurch können Sie wichtige Leistungsindikatoren ermitteln und bessere betriebliche Vorhersagen treffen.
Stromversorgungsqualität
Die Überwachung des Energieverbrauchs an bestimmten Punkten im Prozessablauf oder in jeder Maschine kann Informationen über die Qualität der bereitgestellten Energie liefern. So stellen beispielsweise Industriemotoren für die Stromversorgung eine induktive Last dar, die zum Nachlaufen des Stroms gegenüber der Spannung führt und dadurch den Leistungsfaktor (Power Factor, PF) verringert. Ein niedriger PF bedeutet, dass für den zur Erbringung der Arbeit tatsächlich benötigten Leistungsbedarf (gemessen in Kilowatt) eine wesentlich höhere VA-Leistung (Spannung × Strom) oder Scheinleistung bereitgestellt werden muss.
Ohne Leistungsfaktorkorrektur kann es in der Einrichtung bei jedem Wechsel des Maschinenstatus zu Spannungsschwankungen und Oberschwingungen kommen. Blindlasten reduzieren auch die Senkenblindleistung unter lastfreien Bedingungen bei geringerer Energieeffizienz. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Leistungsfaktor und Oberschwingungen sich mit dynamisch in Abhängigkeit vom Betriebszustand der Ausrüstung und der Interaktion von Blindlasten ändern.
Die Lösung liegt in der Erkennung der Position und der Betriebsbedingungen in dem Produktionsbereich, wo ein niedriger PF auftritt. In Verbindung mit Datenanalysen lassen sich damit geeignete reaktive Elemente festlegen, beispielsweise Kondensatoren für induktive Lasten, und bei Bedarf am jeweiligen Ort und zum erforderlichen Zeitpunkt hinzufügen.
Erkenntnisse aus Big-Data-Analysen
Energieüberwachungssysteme ermöglichen die Gewinnung eines größeren Nutzens aus Energieverbrauchsdaten, als es auf andere Weise möglich wäre. Die Verbindung mit Analysetools und künstlicher Intelligenz (KI), typischerweise cloud-basiert, ermöglicht die Erkennung von Muster und Trends bei Energieverbrauch und Prozessparametern und die Einleitung entsprechender Maßnahmen. Zu den Vorteilen zählen:
1. Leistungsoptimierung: Großverbraucher haben oft unterschiedliche Abrechnungstarife auf der Basis der maximalen Nachfrage innerhalb einer Rechnungsperiode. Kurzzeitige Energieverbrauchsspitzen können zu unverhältnismäßig höheren Kosten führen. Erkenntnisse aus Energiemanagementsystemen ermöglichen Einrichtungen die Optimierung ihres Energieverbrauchs durch „Spitzendeckelung“ Hierzu können beispielsweise Produktionsprozesse so verändert werden, dass die Einschaltströme durch das gleichzeitige Anlaufen mehrerer Maschinen reduziert werden.
2. Gebäudemanagement: Die Überwachung von Daten unterstützt die Gebäudeverwaltung aus der Ferne durch die Information von Produktionsplanern über den Echtzeitstatus, unter anderem die Erkennung von Einschalt- oder Ausschaltzeiten.
3. Störungserkennung: Die Energieüberwachung und Analyse der resultierenden Daten kann auch wichtige Informationen über den Zustand der Anlagen liefern. So deuten beispielsweise ungewöhnliche Energieverbrauchsmuster auf unsichere Betriebszustände oder bevorstehende Anlagenausfälle hin. Eine geplante Außerbetriebnahme zur Wartung ist weitaus günstiger für die betriebliche Effizienz.
4. Prozess-Rekalibrierung: Da ein hoher Durchsatz oftmals zu Lasten der Zuverlässigkeit und auch der Energieeffizienz geht, kann die Datenanalyse dazu beitragen, den Durchsatz so zu optimieren, dass ein günstiger Kompromiss bezüglich der anderen Faktoren erreicht wird. Die Prozess-Rekalibrierung kann sowohl die Ausbeute als auch die Produktivität steigern und gleichzeitig den Energieverbrauch reduzieren.
Diese Liste repräsentiert dynamische Auswertungen, Anpassungen und Vorteile, weil die elektrische Last der Ausrüstung nicht festgesetzt ist. Sie variiert mit Änderungen der Prozessparameter. Dazu zählen: periodische Durchsatzerhöhungen zur Reaktion auf Nachfrage, Lieferfristen oder Wettbewerbsdruck, laufende Erweiterung und Modernisierung von Produktionseinrichtungen, Entwicklung neuer Prozesse und Veränderungen der Energieeffizienznormen. Ohne kontinuierliche und sich entwickelnde Analysen ist es schwierig, Effizienzzertifizierungen und angepeilte Energiekosten einzuhalten.
Betriebliche Aufrüstungen mit Intelligenz
Das Schlagwort der „smarten/intelligenten Fabrik“ vermittelt ein Bild von sensorgespickten Anlagen, Edge-Analysen, Maschinenlernen, automatisierter Steuerung von Robotik sowie KI-getriebenen Trendanalysen und Simulationen. Deshalb fürchten geschäftliche Entscheidungsträger den Investitionsaufwand, der für die digitale Transformation erforderlich ist.
Allerdings ist die Aufrüstung bestehender Einrichtungen zur Sammlung von Energiedaten relativ einfach machbar. Sogar die halbautomatischen Robotiksysteme, die heutzutage in der Fertigung üblich sind, können nebenbei Energiedaten für die Korrelation mit Prozessinformationen liefern.
Sensormodule für Strom und Spannung lassen sich einfach an Anlagen montieren. Signalkonditionierung und Analog-Digital-Wandler sowie 5G-Vernetzung können die Betriebstechnologiehardware schnell mit EMS-Tools verbinden, die in der bestehenden IT-Infrastruktur eingesetzt werden.
Obwohl eine größere Energieeffizienz immer wünschenswert ist, war sie nicht der Hauptgrund für die Einführung von Industrie 4.0. Aber Energieüberwachung und Analyseleistung von preiswerten, einfach zu implementierenden Lösungen sind ein idealer Ausgangspunkt für die digitale Transformation eines Unternehmens. Die neuen Erkenntnisse aus solchen Bereitstellungen können nicht nur zu erheblichen Energieeinsparungen führen und Audits vereinfachen, sondern auch Zertifizierung von Einrichtungen in Bezug auf Effizienzstandards erleichtern.
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iIEA. „Key World Energy Statistics 2021“. www.iea.org/reports/key-world-energy-statistics-2021/final-consumption
iiUS EIA. (Dez. 2021). „2018 Manufacturing Energy Consumption Survey“. www.eia.gov/consumption/manufacturing/pdf/MECS%202018%20Results%20Flipbook.pdf
iiiUS-Energieministerium (DoE), Advanced Manufacturing Office. www.energy.gov/eere/amo/advanced-manufacturing-office
ivEuropäische Kommission. „Energieeffizienz-Richtlinie“. energy.ec.europa.eu/topics/energy-efficiency/energy-efficiency-targets-directive-and-rules/energy-efficiency-directive_en