Neueste Fortschritte bei der implantierbaren und BioMEMS-Elektronik und deren Anwendung beim menschlichen Mikrobiom

Unser Körper ist der Wirt für viele verschiedene Mikroorganismen, wie Bakterien, Viren, Pilzen und körperfremden Zellen. Durch die neuesten Fortschritte bei den elektromechanischen Mikrosysteme (MEMS) und speziell bei der Mikroelektronik ist die Zahl der Untersuchungen im Zusammenhang mit Mikroben sprunghaft angestiegen. Aber sind Mikroben nicht schädlich?

Sie sind aus technischer Sicht Fremdkörper und unseren Zellen zahlenmäßig überlegen. Die meisten sind jedoch völlig harmlos und einige davon sind sogar zur Aufrechterhaltung der normalen Körperfunktionen äußerst unerlässlich. Unser Mikrobiom verändert sich täglich, je nachdem, wie wir unsere Ernährung, die Einnahme von Medikamenten, den Umgang mit Stress und sonstigen Umweltfaktoren ändern. Lassen Sie uns jedoch mit der Einführung der Mikrobiom-Analyse beginnen und wie die Elektronik die physiologische Forschung angekurbelt und unser Verständnis der menschlichen Anatomie übertroffen hat.

Eine Kurzfassung der Geschichte der implantierbaren Elektronik

Implantierbare Elektronik befindet sich seit über sechs Jahrzehnten im Einsatz. Ihre erste Anwendung liegt zeitlich nur ein paar Jahre nach der Erfindung des Transistors und der Einführung der frequenzmodulierten (FM) Funksignale. Im Jahr 1959 entwickelten und testeten Mackay Noller und andere Wissenschaftler Funksender. Diese übertrugen physiologische Informationen aus dem menschlichen Körper (hauptsächlich aus dem Magen-Darm-Trakt) hinaus. Kurz danach führten andere Wissenschaftler Biotelemetriegeräte zur Messung und berichtlichen Erfassung von Informationen im Hinblick auf das menschliche Biom in einer Vielzahl von Körperhöhlen ein, ohne dabei die physiologischen Parameter zu beeinträchtigen, und optimierten dabei die Erkennungstechniken sowie die Datenübertragung. Die erste bedeutende Herstellung von implantierbaren (und schluckbaren) Biotelemetriegeräten in den 1960er-Jahren führte zur Aufzeichnung von kardiovaskulären (Elektrokardiogramm [EKG], Blutdruck und -fluss), die Atemwege betreffenden (Sauerstoff und Temperatur), neurophysiologischen (Nervenaktivität) und den Magen-Darm-Trakt betreffenden (Druck, pH-Wert und Temperatur) Parametern. In Abbildung 1 sehen Sie ein paar Telemetrieschaltkreise aus den 1960er-Jahren.

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Abbildung 1: Beispiele zu implantierbaren Telemetriesystemen aus den 1960er-Jahren: a) Mackay-Sperrschwinger und b) Telemetriegerät mit Tunneldiode von Ko (Bild mit freundlicher Genehmigung aus Artikel „Early History and Challenges of Implantable Electronics“ (frühe Geschichte und Herausforderungen im Hinblick auf implantierbare Elektronik), von Wen H. Ko)

Bis zum Ende der 1970er-Jahre entwickelt sich die Biotelemetrietechnik in Windeseile weiter und daraus gingen fortschrittlichere und langfristige Anwendungen hervor, von Herzschrittmachern, Nervenstimulatoren bis hin zu Insulinabgabegeräten und sogar Anwendungen in der Sportmedizin, z. B. die Überwachung des intrakraniellen Drucks (IKP). In Abbildung 2 ist ein batterieloses System dargestellt, das eine zum umliegenden kraniellen Druck proportionale Frequenz ausstrahlt, welche zur Analyse von Schädeltraumata eingesetzt wird.

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Abbildung 2: Telemetriesystem zur Messung des intrakraniellen Drucks zur Analyse von Schädeltraumata (Bild mit freundlicher Genehmigung aus Whitepaper „The Advantages of Short Range Telemetry though intact skin for Physiological Measurements in both Animals and Man“ (Die Vorteile der Kurzstreckentelemetrie über die intakte Haut zur physiologischen Messung bei Tier und Mensch), von T. B. Fryer)

Die heutige Welt der Analyse des menschlichen Mikrobioms umfasst hochentwickelte elektronische Geräte und Technologien. Daher werden wir nun einige aktuellere Entwicklungen und Anwendungen untersuchen.

MEMS-Technologie und deren Anwendungen beim Mikrobiom

Bei Organ-on-a-Chip handelt es sich um eine verhältnismäßig neue Technologie, bei der eine Kombination aus Mikrofluidik, biomedizintechnischer Mikrosysteme (oder bioMEMS) und Biomaterial zum Einsatz kommen, um Organsysteme auf mehreren Ebenen auf dem Labortisch nachzuahmen und zu simulieren. Dies ermöglicht reelle In-vitro-Studien, wie z. B. das Testen von Arzneimitteln oder die Erforschung von Krankheiten, und gleichzeitig können nützliche implantierbare Geräte zur Unterstützung der Organfunktionen entwickelt werden. Die Funktionen von Gehirn, Leber, Herz, Niere, Lunge und Därmen wurden alle erfolgreich auf einer Chip-Plattform implementiert und es wurden verschiedene Elektroniktypen integriert.

Viele Organ-on-a-Chip-Geräte umfassen Mikrosensoren (oder MEMS-Sensoren), welche die Umwandlung von Werten, wie z. B. pH-Wert, Temperatur, Druck/Kraft, Beschleunigung, Feuchtigkeit, Schall/Schwingung, Magnetfelder sowie sonstige biologische und chemische Parameter, in ein elektrisches Signal ermöglichen. Diese Mikrosensoren weisen fast immer ein mechanisches Element auf (beispielsweise eine Membran oder einen Gelenkträger), das in einem sehr kleinen Formfaktor mit anderen mikroelektronischen Bauteilen integriert ist. Die Sensoren benötigen jedoch im Allgemeinen eine Art von Signalverarbeitung und -kalibrierung oder -kompensation, mit der sie eine Schnittstelle bilden. Kapazitive Sensoren gehören zu der am häufigsten verwendeten Sensortechnik, die bei MEMS-Geräten eingesetzt wird, und weisen normalerweise eine sehr kurze Reichweite auf. Es gibt viele Möglichkeiten, die variable Kapazität eines Kondensators in ein messbares Signal umzuwandeln, wie z. B. mithilfe eines Oszillators oder einer Brücke. Einige Beispiele zu diesen Analogschnittstellen sind in Abbildung 3 ersichtlich.

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Abbildung 3: Methoden zur Messung von Kapazitätsänderungen: (A) Brücke, (B) und (C) Strom-/Spannungsmessungen – einzeln/differentiell, (D) Frequenzmessung und (E) Zeitmessung (Bild mit freundlicher Genehmigung aus dem Buch „Sensors for Mechatronics“ (Sensoren für die Mechatronik) (zweite Ausgabe) von Paul Regtien und Edwin Dertien)

Bei vielen digitalen MEMS-Sensoren sind diese Schnittstellen im Gerät integriert und stellen so eine leichtere Schnittstelle, wie einen Analogausgang mit TTL-Pegel oder einen seriellen Bus wie I2C oder SPI, zur Verfügung. Ganz gleich, ob der Einsatz in einem implantierbaren Gerät, Organ-on-a-Chip oder in anderen nicht-medizinischen Branchen erfolgt, die MEMS-Technologie und -Forschung setzen sich weiterhin erfolgreich durch, während wir unsere Fähigkeiten verbessern, elektromechanische Komponenten herzustellen und auf mikroskopischer Ebene zu bearbeiten. Auf der Website von Arrow Electronics finden Sie viele MEMS-Geräte wie Durchfluss-, Temperatur-, Feuchte- und Bewegungssensoren.

Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Implantieren von elektronischen Geräten und der Entwicklung von bioelektromechanischen Produkten

Bei der Implantierung oder Kopplung eines elektronischen Geräts in einen menschlichen Körper stehen wir vielen Schwierigkeiten gegenüber, einschließlich der Minimierung der Größe, des Gewichts sowie des Energieverbrauchs, und gleichzeitig müssen die Schaltungen vor rauer und feuchter Umgebung geschützt werden. Außerdem muss das Gerät sicher und zuverlässig sein.

Beginnen wir zunächst mit der Größe. Wie stellen Sie etwas in kleinstmöglicher Größe her, ohne dabei bei der Leistung Abstriche zu machen? Hierbei ist ein Entwicklungsverfahren hilfreich, das es Maschinenbau- und Elektroingenieuren ermöglicht, eng an der Optimierung des Layouts von Verpackung und Mechanik zusammenzuarbeiten. Die heutigen CAD-Systeme haben sich gegenüber historischen Designmethoden sprunghaft weiterentwickelt und ermöglichen eine vollständige Visualisierung, bevor die Hardware überhaupt produziert wird.

Die Zuverlässigkeit ist jedoch ebenfalls ein äußerst wichtiger Faktor. Viele implantierte und bioMEMS-Elektronikgeräte werden mithilfe eines Verfahrens, das als „Isolierverguss“ bezeichnet wird, hermetisch verschlossen. In diesem Verfahren wird eine gehärtete, gelatineartige Barriere zwischen den Komponenten und dem Gehäuse erzeugt. Je nach Einstufung des medizinischen Geräts (implantierbare Geräte werden normalerweise in die Klasse III, die höchste Risikoklasse, eingestuft) muss dieses nach bestimmten IEC-Normen in Übereinstimmung mit strengen Sicherheitsprotokollen getestet werden und außerdem sind Backup-Funktionen und Redundanzen erforderlich.

Und schließlich stellt die Optimierung der Stromversorgung (insbesondere bei implantierbaren Produkten) für Ingenieure eine fortlaufende Herausforderung dar. Wir würden gern die Hauptstromquelle des Lichtbogenreaktors von Iron Man anzapfen. Aber stattdessen verwenden wir winzige Batterien, Superkondensatoren, energiegewinnende Techniken und hochoptimierte Funktionen mit extrem geringem Stromverbrauch der Komponenten. Bei der In-vivo-Energiegewinnung (IVEH, In-vivo energy harvesting) handelt es sich um einen neuen Forschungsbereich, bei dem piezoelektrische und triboelektrische Effekte (Reibungselektrizität), endocochleäres Potential, Biobrennstoffzellen und Licht zum Einsatz kommen, um Möglichkeiten der Erhaltungsladung von Batterien und Kondensatoren zu schaffen. Im Jahr 2014 entwickelte ein Forschungsteam aus Korea einen Herzschrittmacher, der vollständig über flexibles piezoelektrisches Material mit Strom versorgt wird. Dieser wird als „Nanogenerator“ bezeichnet. Eine Darstellung des Stromversorgungspfades dieses Herzschrittmachers ist in Abbildung 4 ersichtlich.

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Abbildung 4: Künstlicher Herzschrittmacher, der elektrische Energie aus einem flexiblen piezoelektrischem Material nutzt (Bild mit freundlicher Genehmigung aus dem Whitepaper „Self-powered cardiac pacemaker enabled by flexible single crystalline PMN-PT piezoelectric energy harvester“ (Herzschrittmacher mit eigener Stromversorgung, die durch eine flexible, einkristalline piezoelektrische PMN-PT-Energiegewinnungseinheit möglich ist) von Geon-Tae Hwang und seinem Team bei KAIST)

Beispiele für implantierbare Geräte, Mikrobiom-on-a-Chip und bioMEMS-Produkte

Wir haben die Evolution von Mikrosensoren/Mikroelektronik besprochen und wie diese im Zusammenhang mit dem menschlichen Mikrobiom eingesetzt wurden und Organe nachgebildet haben. Nun schauen wir sie uns in der Praxis an.

Das französische Unternehmen Biomillenia hat unter Verwendung der mikrobiellen Bioinformatik-Plattform von QIAGEN eine tröpfchenbasierte, Mikrofluidik-Chip-Plattform entwickelt, die zur Kultivierung und Analyse von Mikroben und Bakterienarten auf unerreichtem Niveau verwendet wird. Mit der Plattform dieses Unternehmens können innerhalb von drei Tagen bis zu 100 Millionen Mikroben sorgfältig untersucht werden. Mit herkömmlichen Methoden dagegen würde dieser Prozess bis zu drei Jahre dauern und dabei wäre eine viel größere Menge zur Analyse erforderlich.

Fiorenzo Omenetto hat an der Tufts University die Möglichkeit untersucht, Seide mit einem LED-Array- als lösliches implantierbares Produkt zur Anzeige der Konzentration von Biomarkern im Blut, z. B. Insulin, zu verwenden. Das Konzept dahinter ist, dass die Seide den LED-/Transistor-Array in seiner Position halten soll. Es werden dann Antikörper oder Enzyme zur Erkennung von Biomarkern oder Krankheitsmarkern verwendet und diese schließlich aufgelöst und die Siliziumelektronik ohne die Notwendigkeit der Entfernung mittels chirurgischem Eingriff im Körper belassen.

Beim CardioMEMS HF-System (in Abbildung 5 dargestellt) von Abbott handelt es sich um ein implantierbares Produkt, bei dem die MEMS-Technologie zum Einsatz kommt. Diese überwacht proaktiv den Blutdruck und überträgt die Daten kabellos an eine Basiseinheit zur Anzeige der Patientendaten. Sie ermöglicht so eine Verringerung der Fälle von Herzinsuffizienz und liefert Hinweise dazu, bevor die Symptome überhaupt auftreten. Damit eröffnen sich auch Möglichkeiten für die Telemedizin und die persönliche Abstimmung von Behandlungsplänen für Patienten auf der Grundlage der durch das Gerät erstellten Messungen.

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Abbildung 5: CardioMEMS-Gerät von Abbott, das proaktiv Blutdruckdaten überwacht und überträgt (Bild: Abbott)

Biolinq hat ein Mikro-Array-Gerät eingeführt (in Abbildung 6 dargestellt), mit dem Ihre Glukosewerte und Tendenzen ermittelt werden können. Außerdem vermittelt Ihnen dieses Gerät auf einem Patch in der Größe eines Fünfcentstücks, wie Ihre Ernährung und körperliche Betätigung Ihren Blutzucker auf individuelle Weise beeinflussen. Das Patch umfasst einen Sensor-Array, eine Batterie sowie eine Leiterplatte, die Informationen kabellos an eine App überträgt.

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Abbildung 6: Mikro-Array-Gerät von Biolinq, das den Blutzuckerspiegel überwacht (Bild: Biolinq)

Innovative Sensor Technology (iST) hat Biosensoren entwickelt, um Glukose-, Lactat-, Glutamin- und Glutamat-Konzentrationen mithilfe von verschiedenen Elektroden zu messen. Diese sind in der Lage, selbst einen Schwachstrom von 20 pA zu erkennen. Das ist ein 20-Billionstel eines Amperes!

Und Sensera, ein auf IoT-Sensorlösungen und Mikroproduktion spezialisiertes Unternehmen, hat gewerblich nutzbare Lab-on-a-Chip- und Organ-on-a-Chip-Diagnosetools entwickelt, bei denen seine patentierten Mikrosensoren- und Mikrofluidik-Technologien zum Einsatz kommen. In Abbildung 7 ist ein Beispiel von Mikrosensoren dargestellt, die bei einer Organ-on-a-Chip-Anwendung zum Einsatz kommen. Viele Sensera MEMS und IoT-Produkte sind bei Arrow Electronics erhältlich.

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Abbildung 7: Mikrosensoren von Sensera, die bei einer Organ-on-Chip-Anwendung zum Einsatz kommen (Bild: Sensera)

Wie wird sich die medizinische Wissenschaft ab jetzt innerhalb eines Jahrzehnts entwickeln? Wir leben in einem Zeitalter, in dem Science Fiction zur Realität wird. Und wir denken mit gespannter Erwartung darüber nach, wie bioMEMS- und Mikrobiom-on-a-Chip-Anwendungen sich weiterentwickeln und über die Grenzen hinausgehen werden, wie wir Teile der menschlichen Anatomie messen und analysieren können.

 

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