Am Beginn des Automatisierungszeitalters wollten Hersteller jeden denkbaren Schritt des Prozesses mit Robotik ausstatten. Dies verbesserte die Produktivität und den Fertigungsausstoß, aber die Produktionsprozesse lieferten noch keine konsistenten Ergebnisse. Während Ingenieure darüber rätselten, warum die Automatisierung nicht zu null Fehlern führte, waren Produktionsleiter über beide Ohren beschäftigt mit Zeitplänen, Bestandsverwaltung, Wartung und Energiekosten – deren statistische Daten gewöhnlich von Hand in Computer eingegeben wurden.
Das Industrial Internet of Things (IIoT) bot Lösungen an, als es in die Industrie 4.0 eingeführt wurde, um Betriebsabläufe mit vernetzten digitalen Informationen, vernetzter Informationsverarbeitung und vernetzter Steuerung zu optimieren. Die „Dinge“ im IIoT sind gewöhnlich Sensoren, die in Anlagen eingebaut sind oder nachträglich an verschiedenen Punkten des Prozessablaufs hinzugefügt werden. Sie gehören zu den vier grundlegenden Säulen, die den von der Industrie 4.0 erhofften optimierten Betrieb ermöglichen.
Erkenntnisgewinne von Sensoren
Die Implementierung von Sensoren in großer Anzahl ermöglicht die Computerverarbeitung der eingespeisten Informationen und die Gewinnung konkreter Erkenntnisse für vielfältige Verbesserungen der Betriebsabläufe. Sie spielen eine wichtige Rolle in den folgenden Bereichen:
Steigerung von Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit: Sensorinformationen schaffen nicht nur sofort die erforderliche Erkenntnis zur Optimieren des Einsatzes von Just-in-Time-Prozessen, sondern sorgen gleichzeitig auch dafür, dass die Belegschaft an allen Punkten der betrieblichen Abläufe gut über Änderungen und Anforderungen informiert ist.
Verringerung von Anlagenausfallszeit: Sensoren können Anlagen durch die Möglichkeit zur Selbstüberwachung in die Lage versetzen, Wartungsanforderungen vorherzusagen und sich selbst zu kalibrieren. Dies reduziert die Kosten für Installation, Konfiguration und Wartung.
Steigerung der Ausbeute: Sensoren können Produkte nicht nur am Ende der Fertigung zur bessern Qualitätssicherung „untersuchen“, sondern auch im gesamten Prozessablauf und damit die Qualitätskontrolle ermöglichen. Sie können auch sicherstellen, dass nur so viel Material eingesetzt wird, wie für die verschiedenen Prozesse benötigt wird, und dadurch Ausschuss minimieren.
Nachweis der Einhaltung rechtlicher Vorgaben (Compliance): Sensordaten erzeugen eine nachprüfbare Ablaufverfolgung, zum Nachweis der Einhaltung verschiedener Vorschriften in Bezug auf Good Manufacturing Practices (GMP), aber auch verschiedener Normen.
Entwicklung neuer Prozesse und Kostenstrukturen: Die Analyse historischer Sensordaten kann Erkenntnisse darüber liefern, wie sich Prozesse weiter optimieren lassen. Ferner können Einblicke in die Kostensituation auf Prozess- und Materialebene dazu beitragen, effizientere Prozesse zu entwickeln oder die Stückkosten in anderen Bereichen anzupassen.
Arten von Sensoren
Es gibt zahlreiche Arten von Sensoren zur Realisierung der oben beschriebenen Vorteile. Die nachfolgende Auflistung gibt einen Überblick über die häufigsten Sensoren in der Fertigungsindustrie.
- • Strömungsmesswertgeber messen die Strömungsgeschwindigkeit von Flüssigkeiten oder Gasen, die durch eine Leitung in eine Prozesskammer strömen, etwa ein Reflow-Lötmaschine.
- • Kraftsensoren oder Messdosen ermitteln die Kräfte auf eine oder mehrere Achsen für entsprechende Anwendungen, etwa um den sicheren Griff von Roboterarmen zu gewährleisten oder zu festzustellen, wann Materialbehälter neu befüllt werden müssen.
- • Feuchtigkeitssensoren kommen zum Einsatz, wenn Umgebungen mit kontrollierter Luftfeuchtigkeit erforderlich sind, etwa in Reinräumen oder Lagerhallen.
- • Bildsensoren in industriellen Kamerasystemen kommen in den Bereichen Inspektion, Prozesssteuerung, Workflow-Management, Roboter-Führungssysteme und Track-and-Trace zum Einsatz.
- • Pegelschalter ermöglichen Echtzeitmessungen der in Tanks, Fässern und Behältern enthaltenen Materialmenge.
- • Positionssensoren – abgewinkelt oder linear – erfassen zurückgelegte Entfernungen. Sie werden in der Robotik und in Förderanlagen eingesetzt, um die Platzierung, Inspektion, Verpackung und Sortierung von Bauteilen zu ermöglichen.
- • Näherungsschalter messen die Nähe von Objekten zur Handhabung durch Roboter. Im Sicherheitsbereiche ist es sogar möglich, die Nähe von Beschäftigten zu Maschinen zu messen.
- • Temperatursensoren, zu denen auch IR-Sensoren gehören, dienen zur Erkennung kritischer Prozesstemperaturen und Maschinenzustände.
Darüber hinaus können noch weitere Sensoren zur Überwachung oder Vorhersage des Anlagenzustands eingesetzt werden. Dazu zählen Beschleunigungsmesser, Partikelzähler, Strom- oder Leitungsmesser, Schwingungssensoren oder Ultraschallmikrofone. Die intelligente Fabrik ist deshalb gespickt mit erkenntnisverbessernden Geräten, die Daten oftmals in Millisekunden-Intervallen erzeugen.
Verteilte Intelligenz mit smarten Sensoren
In sensorgestützten Optimierungsvorgängen werden ständig Daten erzeugt. Dies macht es erforderlich, Informationen zu differenzieren und zu priorisieren, damit Prozesssteuerungsparameter und sicherheitskritische Messwerte zeitnah oder in Echtzeit verarbeitet werden. Die übrigen Daten können dagegen in einem längeren Zeitfenster analysiert werden. Darüber hinaus ist es oftmals nicht praktikabel, alle Daten über ein Netzwerk (Industrial Ethernet oder 5G) an ein Rechenzentrum zu senden, wo eine einzige Verarbeitungsstation 10–30 Datenpunkte binnen Millisekunden verarbeiten kann.
Smarte Sensoren besitzen zur Lösung dieses Problems eigene Computing-Ressourcen sowie Algorithmen für maschinelles Lernen (ML) und künstliche Intelligenz (KI). Informationen, die eine sofortige Reaktion erfordern, können dadurch schnell direkt im Sensorknoten verarbeitet werden. Umgekehrt lassen sich Daten, die eine detaillierte Analyse in Verbindung mit Upstream- oder Downstream-Bedingungen erfordern, im Rechenzentrum oder in einer hybriden Cloud handhaben. Darüber hinaus können Sensoren durch integrierte KI zur Überwachung ihrer eigenen Leistung befähigt werden. Dies verringert Fälle von Datenschäden und informiert rechtzeitig über potenzielle Schäden, bevor es zu einem Sensorausfall kommt.
Implementieren von Rückkopplungsschleifen
Die Kombination fortschrittlicher Sensoren und Sensormodule mit eingebetteten Computing-Ressourcen bedeutet, dass aus diesen Rohdaten in Echtzeit in intelligente Entscheidungen und Maßnahmen abgeleitet werden können. Dies ermöglicht eine wesentlich größere Kontrolle über Prozesse durch die Gewinnung von Erkenntnissen aus Prozessabweichungen gegenüber Fertigungsunregelmäßigkeiten, die weiter oben erwähnt wurden.
Die Rückmeldung von nachgelagerten Prozess- und Anlageninformationen in die vorgelagerten Stationen zur Einleitung frühzeitiger Änderungen in der Produktion kann die Ausbeute erheblich steigern (Abbildung 1).
Abbildung 1: Blockdiagramm zur Demonstration des Potenzials automatischer Rückkopplungsschleifen zwischen vorgelagerter Lithografie und nachgelagerten Ätzprozessen zur Verminderung von Abweichungen bei kritischen Abmessungen (Critical Dimensions, CD).
Die in Abbildung 1 dargestellten Rückkopplungsschleifen lassen sich an fast alle Fertigungsprozesse anpassen. So platzieren Hersteller beispielsweise bei der Bestückung gedruckter Leiterplatten (PCBs) gewöhnlich Industriekameras in automatisierten optischen Inspektionssystemen (AOI) vor und nach dem Reflow-Lötprozess. Vor dem Reflow erkennt AOI etwaige Lötpastenablagerungen und fehlerhaft platzierte Bauteile. Nach dem Reflow-Ofen überprüft AOI, ob die Korrekturen erfolgreich waren.
Die Automatisierung solcher Rückkopplungsschleifen beseitigt Unsicherheiten aufgrund leichter Schwankungen von Fertigungsbedingen wie etwa Temperatur und Luftfeuchtigkeit oder Prozessbedingungen infolge geringfügiger Änderungen bei Material, Prozessgasen oder Druck. Das Ergebnis ist nicht nur ein konsistenter Produktionsausstoß, sondern eröffnet auch Verbesserungspotenzial bei der Prozessoptimierung sowie die bessere und schnellere Anpassungen an Änderungen von Produktionsrezepturen.
Ausblick auf „Qualität 4.0“
Das Thema Qualitätsprüfung und Qualitätskontrolle (QC) ist seit jeher ein Teil der Fertigung. Aber erst die „intelligente“ Fertigung die durch Sensoren und KI möglich wurde, weckte in den Unternehmen die Erwartungshaltung, dass „null Fehler“ möglich sein könnten. Obwohl der bereits in der Mitte der 1960er Jahre geprägte Qualitätsmanagement-Begriff schon etwas abgenutzt ist, erlebt das Konzept in der „Nulldefekt-Initiative“ eine Wiederbelebung, teilweise dank der durch smarte Sensoren geschaffenen digitalisierten Erkenntnisse.
In Zukunft wird „Qualität 4.0“ diese von Scorecards angetriebenen frühen Versuche zum Ausschließen von Defekten durch die Erweiterung von Rückkopplungsschleifen über den reinen Produktionsbereich hinausführen und auch auf die Lagerbestandsverwaltung und das Standortmanagement ausweiten, ja sogar auf die Fertigungsstandorte von Partnern sowie die Verfolgung von Material und Produkten durch ihren gesamten Prozesslebenszyklus.
„Null Fehler“ ist ein ehrgeiziges Ziel, das allerdings mit „Qualität 4.0“ in immer greifbarerer Nähe zu rücken scheint. Das nötige Rahmenwerk basiert auf den Grundlagen smarter Sensoren der Industrie 4.0.
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